von Laura S.
Hier und jetzt, gleich und später. Alles wird gut, am Ende wird alles gut.
Menschen rennen und bleiben nicht stehen. Natürlich kann man einwerfen, dass das Leben ein Fluss ist, ein Prozess. Dass einzig wirklich Konstante ist die Veränderung.
Jeder Moment ist anders, jeden Morgen wenn ich meinen Kaffee aufbrühe mache ich etwas anders. Schon allein die Menge des Kaffeewassers variiert, oder ich stehe mit einem anderen Gedanken auf. Vielleicht habe ich auch an dem einen oder anderen Morgen einen Pickel, der den Tag schon grau erscheinen lässt…
Sonntags scheint vielleicht die Sonne und ich werde von kitzelnden Strahlen geweckt. Ich stehe auf, schlurfe in die Küche und beginne Pläne zu schmieden für den heutigen Tag. Auf alle Fälle gehe ich ins Gärtchen nebenan und lege mich dort in die Sonne, das schöne Wetter genießen, nehme ich mir vor. Doch, da meldet sich ein neuer Gedanke: „Was mache ich, wenn mir dabei langweilig wird, oder wenn es mir in den Fingern kribbelt, weil ich mich untätig fühle?“
Beschwichtigend werfe ich ein, dass ich meinen Timer für nächste Woche einpacke, sodass ich meine Termine und To-Do-Listen erstellen kann.
Verstand gibt an Finger weiter: „So, dann habt ihr etwas zu tun.“
Ok denke ich mir, schnell Kaffee und zwei Kippen, dann starte ich mit Elan in den Tag. Ich gehe ins Gärtchen und lege mich dort auf eine Holzbank, die in der Sonne steht. Für 2 Minuten schließe ich meine Augen, dann schaltet sich abermals der Verstand ein: „Aufwachen, gibt es denn nichts zu tun für mich? Du hast doch den Timer dabei, die Finger kribbeln schon.“
Ich wende mich meinem Kalender zu, trage meine Termine ein und beginne damit eine weitere To-Do-Liste aufzusetzen. Mein Verstand hat mich vollends im Griff.
Montags kommt Hr. Mohn, am Dienstag habe ich Dienst, usw. Die Wochenplanung steht und ich spüre eine unglaubliche Sehnsucht in mir.
Mir fällt auf, dass sich der Himmel bewölkt.
Früher habe ich den Regen geliebt. Ich erinnere mich, dass ich als Kind sogenannte Regentänze aufführte, damit die Wolken sich öffnen.
An solchen Tagen habe ich mich frei gefühlt. Ich war ganz angekommen, angekommen bei mir, angekommen im Hier und Jetzt. Ich tanzte wild durch den Garten, manchmal habe ich mir auch ein „Lass-es-regnen“ Lied ausgedacht und meine Arme Richtung Himmel gestreckt.
Der Gedanke an Morgen, Übermorgen, oder die Zukunft spielte keine Rolle, vielleicht gab es diesen Gedanken noch gar nicht. Einzig und alleine der Augenblick zählte.
Ich freute mich über Regen und wenn es nicht regnete, dann hatte mein Zauber nicht gewirkt, dessen war ich gewiss.
Mein Leben bestand aus Momentaufnahmen und jede Einzelne war vollkommen und intensiv.
Es gab keine To-Do-Listen und keinen Timer, in dem ich vorab meine Woche gestaltete.
Aber was ist jetzt? Ich wünschte, ich könnte diese Zeit wieder in mein Leben ziehen, diese Zeit, in der ich intensiv wahrgenommen und die Momente als vollkommen ansah.
Ich denke: „Jetzt komme ich meiner tief empfundene Sehnsucht auf die Spur.“ Es fängt an leicht zu regnen und ich verlagere mein Empfinden tief in meinen Körper. Ich bin ganz aufmerksam und spannend verfolge ich, wie der erste Tropfen auf meine Haut fällt. Er trifft mich am linken Arm und perlt dann Richtung Handgelenk. Ich spüre eine leichte Gänsehaut und die kleinen, feinen Härchen stellen sich auf. Mit der rechten Hand spüre ich dem aufgestellten Flaum vorsichtig nach.
Ich nehme alles an ohne zu hinterfragen, ohne zu denken, ohne mich von meinem Verstand leiten zu lassen. Die ganze Regenbogenfarbpalette ist gerade hier in mir, Jetzt und Hier!
Und da vorne lauert er nun wieder, dieser gierige Halunke. Ein weiterer Gedanke lugt um die Ecke, ich will ihn nicht zulassen und genau das ist mein Fehler in diesem Moment.
Er klopft an die Türe und bemerkt: „Es regnet meine Liebe, packe schnell deinen Kram zusammen und dann gehst du zielstrebig nach Hause, deine Wohnung hat es auch mal wieder nötig.“
Sofort fühle ich mich wie ausgewechselt, ich räume meinen Timer in die Tasche, die To-Do-Liste hat vom Regen bereits angefangen sich zu wellen. Hastig mache ich mich auf den Weg nach Hause, doch ein kleiner Moment bleibt, er bleibt bestehen, obwohl sich mein dominierender Verstand zu Worte gemeldet hat.
Meine kleine heutige Momentaufnahme.
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