Stefan Krüger beginnt unser neuestes Projekt, einen Fortsetzungsroman. Jeder Autor schreibt eine Seite anknüpfend an die vorige. Ein Schreibexperiment, bei dem auch Du mitmachen kannst!
Alle Orte und Personen sind frei erfunden.
von Stefan Krüger
Unweit des Mekong River, inmitten der feuchten Hitze Phnom Penhs verrührt ein Barmann zwei Eigelb mit Zuckersirup, Port, Bourbon, Milch, Sahne und Muskatnuss. Er nennt es Waldorf Astoria Eggnog.
Schweiß rinnt mir von der Schläfe am billigen Plastik der Sonnenbrille vorbei bis ans Kinn. Ich bin umringt von Baustellenlärm und dem ehrgeizigen Willen, westlichem Reichtum nachzueifern. Kambodscha. Die Milch in meinem Drink schmeckt sauer und das Eigelb sieht mich aus dem Glas heraus an wie etwas Lebendiges und ich denke: Die Cocktailkultur ist nicht die deine, altes Kambodscha.
Ich trinke das Glas mit einem Zug weg und merke, wie mir leicht schwindelig wird. Irgendwo in meiner Jacke ist eine Schachtel kambodschanischer Zigaretten, die mir immer ein wenig Angst vor einer Bleivergiftung einjagen, aber dem Gefühl kann ich mich jetzt nicht beugen. Ich finde das Softpack, ziehe die vorletzte Zigarette aus der Schachtel, stecke sie in meinen Mund und zünde sie an. Ich habe eine Ewigkeit nicht mehr geraucht. Die Zigaretten sind stark hier und die Filter schwächer. Ich muss husten und denke: Auch die Zigarettenkultur ist nicht die deine, altes Kambodscha.
Ich bestelle noch einen doppelten puren Wodka und ein Glas Wasser, um meinen Magen zu beruhigen, dann verlasse ich die Hotelbar im obersten Stockwerk des White Mansion Boutique Hotels und frage mich, ob der Barmann weiß, was ein Waldorf Astoria ist. Ich spreche kein Khmer und der Barmann nur sehr gebrochenes Englisch; ich hätte es ihm auch nicht sagen können, denke ich. Der Fahrstuhl bringt mich in einen Flur, der zu einem Zimmer führt, das mir mit all seinen Annehmlichkeiten zumindest für die kommende Nacht gebucht worden ist. Mein Leinenhemd ist verschwitzt, sogar die Hose, ich setze die Sonnenbrille ab und schalte den Fernseher ein. Premierminister Hun Sen hält seine Neujahrsansprache und ich verstehe kein Wort. Alles, was ich weiß ist, dass wir den vierzehnten April zweitausendelf schreiben und die Kambodschaner sich im zweitausendfünfhundertfünfundfünfzigsten Jahr der buddhistischen Ära rechnen. Hun Sen strahlt etwas aus, das mir nicht gefällt. Sein nicht ganz richtig sitzender Anzug, seine schiefe Augenbraue, die blaue Krawatte und die seltsame Brille. Wenn ostasiatische Führer Brillen tragen, sehen die immer aus wie Brillen, die man in der DDR getragen hat und die man da schon nicht so recht mochte.
Phnom Penh ist ruhig zu dieser Zeit. Lange Kähne ziehen über den braunen Mekong River, vorbei an sterbenden Mangrovenwäldern, die man nur noch schwer erreichen und noch schwerer sehen kann. Die Lider liegen mir schwer über den Augen, denn man hat mich letzte Nacht nicht schlafen lassen.
Die Kambodschaner lieben ihr Feuerwerk.
Ich muss mich ausruhen, denke ich, während ich mir den Schweiß von der Stirn wische. Das Zimmermädchen war schon da, es ist vierzehn Uhr. Ich muss nachdenken, um herausfinden, wie das alles weitergehen soll, muss wissen, wie ich nun vorankommen kann. Ich lege meine Kamera, ein Weitwinkelobjektiv und ein Telezoomobjektiv sowie ein Taschenmesser, Pfefferspray, ein Moskitonetz, ein Reisepass, zwei Casio Kunststoffuhren und ein altes Paar Magnum Hightech-Stiefel auf das Bett und überlege, ob ich etwas davon reinigen oder reparieren muss. Dann gehe ich ins Bad, unter die Dusche, unter eiskaltes Wasser und vom Hotel bereitgestelltes Duschgel. Ich kann förmlich spüren, wie das kalte Wasser meine Poren schließt und wie meine Haut wieder frisch wird. Eine Nacht noch, und dann weiter.
Schweiß rinnt mir von der Schläfe am billigen Plastik der Sonnenbrille vorbei bis ans Kinn. Ich bin umringt von Baustellenlärm und dem ehrgeizigen Willen, westlichem Reichtum nachzueifern. Kambodscha. Die Milch in meinem Drink schmeckt sauer und das Eigelb sieht mich aus dem Glas heraus an wie etwas Lebendiges und ich denke: Die Cocktailkultur ist nicht die deine, altes Kambodscha.
Ich trinke das Glas mit einem Zug weg und merke, wie mir leicht schwindelig wird. Irgendwo in meiner Jacke ist eine Schachtel kambodschanischer Zigaretten, die mir immer ein wenig Angst vor einer Bleivergiftung einjagen, aber dem Gefühl kann ich mich jetzt nicht beugen. Ich finde das Softpack, ziehe die vorletzte Zigarette aus der Schachtel, stecke sie in meinen Mund und zünde sie an. Ich habe eine Ewigkeit nicht mehr geraucht. Die Zigaretten sind stark hier und die Filter schwächer. Ich muss husten und denke: Auch die Zigarettenkultur ist nicht die deine, altes Kambodscha.
Ich bestelle noch einen doppelten puren Wodka und ein Glas Wasser, um meinen Magen zu beruhigen, dann verlasse ich die Hotelbar im obersten Stockwerk des White Mansion Boutique Hotels und frage mich, ob der Barmann weiß, was ein Waldorf Astoria ist. Ich spreche kein Khmer und der Barmann nur sehr gebrochenes Englisch; ich hätte es ihm auch nicht sagen können, denke ich. Der Fahrstuhl bringt mich in einen Flur, der zu einem Zimmer führt, das mir mit all seinen Annehmlichkeiten zumindest für die kommende Nacht gebucht worden ist. Mein Leinenhemd ist verschwitzt, sogar die Hose, ich setze die Sonnenbrille ab und schalte den Fernseher ein. Premierminister Hun Sen hält seine Neujahrsansprache und ich verstehe kein Wort. Alles, was ich weiß ist, dass wir den vierzehnten April zweitausendelf schreiben und die Kambodschaner sich im zweitausendfünfhundertfünfundfünfzigsten Jahr der buddhistischen Ära rechnen. Hun Sen strahlt etwas aus, das mir nicht gefällt. Sein nicht ganz richtig sitzender Anzug, seine schiefe Augenbraue, die blaue Krawatte und die seltsame Brille. Wenn ostasiatische Führer Brillen tragen, sehen die immer aus wie Brillen, die man in der DDR getragen hat und die man da schon nicht so recht mochte.
Phnom Penh ist ruhig zu dieser Zeit. Lange Kähne ziehen über den braunen Mekong River, vorbei an sterbenden Mangrovenwäldern, die man nur noch schwer erreichen und noch schwerer sehen kann. Die Lider liegen mir schwer über den Augen, denn man hat mich letzte Nacht nicht schlafen lassen.
Die Kambodschaner lieben ihr Feuerwerk.
Ich muss mich ausruhen, denke ich, während ich mir den Schweiß von der Stirn wische. Das Zimmermädchen war schon da, es ist vierzehn Uhr. Ich muss nachdenken, um herausfinden, wie das alles weitergehen soll, muss wissen, wie ich nun vorankommen kann. Ich lege meine Kamera, ein Weitwinkelobjektiv und ein Telezoomobjektiv sowie ein Taschenmesser, Pfefferspray, ein Moskitonetz, ein Reisepass, zwei Casio Kunststoffuhren und ein altes Paar Magnum Hightech-Stiefel auf das Bett und überlege, ob ich etwas davon reinigen oder reparieren muss. Dann gehe ich ins Bad, unter die Dusche, unter eiskaltes Wasser und vom Hotel bereitgestelltes Duschgel. Ich kann förmlich spüren, wie das kalte Wasser meine Poren schließt und wie meine Haut wieder frisch wird. Eine Nacht noch, und dann weiter.