Fortsetzungsroman, Seite 3

Sven Draht treibt unseren Fortsetzungsroman an den Rand des Wahnsinns, in den Dschungel, in eine drückende Schwüle, die Realität und Halluzination verschwimmen lässt.

von Sven Draht

Mit dem Geruch des WC-Spülmittels an den Händen gehe ich zurück in den Raum, wo der surrende Deckenventilator seine Schatten wirft. Ich setze mich mit nacktem Oberkörper auf das Bett und denke:

„So weit bist du gekommen, ein ganz schön langer Weg, so weit bist du gekommen, nicht wirklich weit, aber immerhin. Weg gelaufen, wie in einem kitschigen Roman mit einem Scheiß-Helden in einem Scheiß-Hotel in Kambodscha, der sich billige Trips schmeißt, um stundenlang nach Zeichen in der Toilette zu suchen“.

Auf der Straße wird gehupt und ich gehe zum Fenster. Dort unten verkauft ein Mann Fleischspieße, ein Golf 1 mit verschiedenfarbigen Blechteilen fährt vorbei und auf der anderen Straßenseite ist eine Gang von jungen Männern mit neonfarbenen Hawaiihemden unterwegs. Sie lachen dreckig mit ihren schiefen Zähnen, unterhalten sich in dieser fremden Sprache, bestehend aus Ticklauten und Schreien. Alles liegt im schwachen Schein der Lampen, erhalten von schlecht isolierten Kabeln, was meine deutsche Ordnung nervt.

Auf dem dreckigen, viel zu weichen Bett träume ich von Fangzähnen, Moschusduft, verspiegelten Wassertropfen, Rechnungen im Briefkasten, Anzugträgern mit geraden Zahnreihen und Tatort am Sonntagabend.

Am Morgen wache ich in dem kleinen Raum mit Holzwänden auf und das Tageslicht dampft durch die Jalousien. Bauern, Gangster und Touristen sind schon unterwegs mit ihrer unstillbaren Energie diesen Tag zu beginnen. Zum Frühstück gibt es einen starken Kaffee, dazu gulaschartigen Fleischersatz mit Weißmehlfladen. In Kambodscha ist es tagsüber zu hell und in den schmutzigen Baracken werden Drogen gefixt. In die Opiumhöhle kann ich nicht zurück, wegen der Schulden. Einmal noch der metallische Rausch, der das Bewusstsein vom Gehirn fernhält und pausbäckige Engel streuen Sterne in die Synapsen.

Mit dem Rucksack auf dem Rücken bewege ich mich zum Rand der Stadt, wo die Motorräder schon nicht mehr fahren können. Die Straße verwandelt sich an der Schwelle zu den dichten Bäumen des Dschungels in Schlamm. Maschinen verenden hier und verrosten. Wunden oder Fußpilz werden in der Feuchtigkeit zu unheilbaren Krankheiten, wenn man nicht umkehrt, zurück in die Zivilisation. Ein Papagei kreischt, der Dampf steigt von den Blättern auf und mit jedem Schritt verschwinden die Geräusche und das Rasseln der Insekten steht wie ein lebendiges Tier hinter mir. Ich atme die Luftfeuchtigkeit ein und weiß:

„Kein Zurück, weit bist du gekommen, ein ganz schön langer Weg … kehr um … weit bist du gekommen und läufst weiter, weiter … kehr um … lauf weg ….“

Blinzelnde Froschaugen ohne Sinn im Blick, das dunkle Karma von Medizinmännern mit sehnigen Körpern. Ein Schritt nach dem anderen hinaus aus den Gedanken in den Schimmer hinein.

Nach langer Zeit,
an einem Vormittag voll Regen,
kleben die weißen Blütenblätter
auf einem schwarzen Ast.

Ich schleppe stylischen Kram und überlebenswichtige Dinge im Deuter-Rucksack herum, als sei es mein Verstand. Gierige Tausendfüßler krabbeln über Ameisen, der Schweiß läuft über meinen Rücken bis in die Arschritze und ein Kolibri versenkt seinen spitzen langen Schnabel in eine lilafarbene Trompetenblume.