Der AStA verfügt über etwa 170.000 € der Studierenden, da ihm 10€ des Semesterbeitrags jedes Einzelnen zustehen. Trotzdem beteiligt sich nur ein geringer Bruchteil der Studierendenschaft an den Wahlen des Studierendenparlaments (StuPa).
Traurig aber wahr – 25 Stimmen reichten bei der wiederholten StuPa Wahl im Oktober 2014 aus, um ein Mandat zu erhalten. Von 17.863 Wahlbeteiligten nahmen 902 Studierende an der Wahl teil. Das entspricht laut des Wahlprotokolls des Wahlausschusses einer Wahlbeteiligung von nur 5,0 Prozent. In Gesprächen mit verschiedenen Parteivertretern, – sympathisanten und Mandatsträgern habe ich versucht, der Ursache dieses Problems auf dem Grund zu gehen. Gleichzeitig sollen die Ziele und Einstellungen der Parteien verdeutlicht werden.
Im Gespräch: Jacob Pfeifer (Siegen Asozial), Birthe Schildknecht und Bastian Hirsch (Juso HSG – Jungsozialistische Hochschulgruppe), Patrick van Heeck (Mandatsträger Die Partei), Gianna Herber (Sympathisantin grün alternatives Wahlbündnis)
Als enttäuschend empfindet Jacob Pfeifer von Siegen Asozial die Wahlbeteiligung bei den wiederholten Wahlen zum Studierendenparlament, die vom 13. bis 17. Oktober stattfanden. „Vielen ist gar nicht bewusst, was das Studierendenparlament eigentlich ist. Sie wissen nicht, welche Parteien sie wählen sollen. Unter Anderem spielt dabei auch die verkürzte Studienzeit aufgrund der Bologna-Reform eine Rolle“, lautet Jacobs Erklärung dazu. Seine Partei reagierte darauf, in dem sie nicht auf Inhalte bei der Wahlkampagne setzten, sondern auf Humor und Provokation. Mit Slogans wie „Einhörner sind geil“, „Streicht die Uni pink“ oder, Jacobs persönlichem Favoriten: „Den Druck der Presse spüren am meisten die Weintrauben“ versuchte die Partei auf sich aufmerksam zu machen.
Selbst die stärkste Partei im Studierendenparlament kann sich die Rückgänge der Wahlbeteiligung kaum erklären. Bastian Hirsch und Birthe Schildknecht von der Jungsozialistischen Hochschulgruppe (JuSos HSG) erklären mir im AStA-Büro, dass ihrer Meinung nach vor allem wieder mehr von neutraler Seite her geworben werden müsste. Als weiteren Grund erwähnen sie, dass die Wahlen zu einem Zeitpunkt stattfanden, als viele „Erstis“ noch kein Wahlrecht hatten. Ihre Partei hat sich für diese Legislaturperiode vorgenommen, die Kursbelegung getrennt von der Rückmeldung zu organisieren, um die Studiumsorganisation auch finanziell schwach gestellten Studenten zu erleichtern. Zudem haben sie die Idee entwickelt, einen Beitrag des Semestertickets in ein sogenanntes „Kulturticket“ zu stecken. Dadurch soll der Eintritt zu diversen kulturellen Institutionen und Veranstaltungen für Studierende vergünstigt oder komplett gratis sein.
Im starken Kontrast zu den JuSos steht „Die Partei“, die momentan im Kern nur aus 2 Personen besteht. „Die aktuelle Situation und Leitlinien in der Hochschulpolitik kotzen uns an“, ist die Aussage ihres Mandatsträgers, Patrick van Heeck. „Wir sehen uns als die Stimme der 95% der Nicht-Wähler. Die geringe Anzahl politisch Engagierter nehmen die Hochschulpolitik aus, um ihre eigene Karriere voranzutreiben“, befürchtet Patrick.
„Die Partei“ betrieb keinen Wahlkampf über Wahlplakate, sondern meldete sich lediglich auf den Facebook-Seiten anderer politischen Hochschulgruppen kritisch zu Wort. Ihnen geht es vor allem um eine kritische Auseinandersetzung mit den starken hochschulpoltischen Parteien wie den JuSos und dem grünen alternativen Wahlbündnis. „Die geringe Wahlbeteiligung spielt den Parteien in die Tasche. Kein Wunder, dass die Wahlplakate und PR-Aktionen erst kurz vor der Wahl gestartet werden. Es gibt gar keine Möglichkeit, sich mit den Parteien zu identifizieren, wenn diese das ganze Jahr über nicht präsent sind“.
Laut Gianna, die sich selbst als Sympathisantin des grün alternativen Wahlbündnisses versteht, liegt das Problem an einer anderen Stelle. „Kann man von einem unpolitischen Handeln sprechen, wenn ich an einer Wahl nicht teilnehme, von deren Auswirkungen ich keine Folgen ausmache? Ich würde sagen nein!“ Ihrer Meinung nach könnte man mehr Wähler gewinnen, in dem deutlich gemacht wird, welche Aufgaben das StuPa übernimmt.
Hier zur Aufklärung ein kleiner Überblick:
Der AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) hat laut Markus Ludwig (AStA-Referent für Presse- & Öffentlichkeitsarbeit und Soziales) vor allem die Aufgabe, die Studierenden nach Innen (Hochschule: Senat, Rektorat) und Außen (Medien, Öffentlichkeit) zu vertreten. Eine weitere wichtige Aufgabe, durch die der AStA oftmals aneckt, ist die Verwaltung des Haushalts der Verfassten Studierendenschaft. Das heißt: Der AStA entscheidet darüber, was mit den 10 € Semesterbeitrag geschehen soll, er verhandelt aber auch über die Abwicklung des Semestertickets.
Weitere Aufgaben sind das Betreiben des AStA-Shops, hochschulbezogene Rechtsberatung und Sozialberatung sowie die Vertretung von Studierenden bei Widersprüchen (Beispiel: dritter Fehlversuch bei Prüfung).
Das Studierendenparlament, das als Kontrollfunktion gegenüber des AStAs fungiert, entsendet Vertreter in diverse Ausschüsse und verfügt über die Entscheidungsfindung bei Belangen der Studierendenschaft. Damit hat das Studierendenparlament direkten Einfluss auf die Hochschulpolitik. Im Einflussbereich dieser Entscheidungsfindungen liegen Studentische Initiativen, Autonome Referate, das Semesterticket)
Nach dem ich mich ausgiebig mit den verschiedenen Vertretern der Hochschulpolitik unterhalten habe, bin ich zu folgendem Fazit gekommen: Es ist vor allem Unwissen über den Einfluss und Aufgaben des StuPa, der als Grund für die geringe Wahlbeteiligung zutreffend zu sein scheint. Viele Mitstudierende, die ich aus Interesse zu dem Thema befragt habe, wussten gar nicht so recht, wer oder was die Hochschulpolitik bestimmt. Ob es an der fehlenden Präsenz der Hochschulparteien liegt oder am Desinteresse der Studierenden – das ist schwer zu sagen. Nichtsdestotrotz ist es wünschenswert, dass sich mehr Studierende für die Hochschulpolitik an ihrer Universität interessieren – schließlich geht es um unsere Semesterbeiträge, unsere Rechte, unsere Vertretung. Es geht um Demokratie!
Kleine Aktualisierung: Nach den Wahlen im Oktober 2013 konnte sich keine koalitionsfähige Mehrheit bilden, die geplante Koalition aus der Jungsozialistischen Hochschulgruppe und dem Grünen Alternativen Wahlbündnis kam nur auf 12 von 25 Sitzen/Stimmen. Durch die Wahlwiederholung im Oktober wäre die Legislaturperiode ohnehin nur sehr kurz gewesen. Die Lösung: Die nächste Wahl findet wieder regulär in der Woche vom 15. Juni statt. Ob 2015 eine Wiederwahl ausbleibt, ist noch offen . . .
Die Hochschulpartei „Die Partei“ hat sich inzwischen aufgelöst, Gianna Herber kandidiert bei den kommenden Wahlen für die GLL(Gesamtline Liste).