von Christoph Ernst
Der schockierendste Film, den du jemals sehen wirst – das verspricht zumindest das Kinoplakat zu Evil Dead. Ob das Remake des Horrorfilmklassikers von Sam Raimi dieses Versprechen halten kann, lest ihr in unserer Kritik.
Das „Böse“ ist zurück und sucht wie im Original von 1981 wieder unschuldige Teenager heim. Diesmal erwischt es Mia (Jane Levy) und ihre vier Freunde, die sie beim Drogenentzug in einer verlassenen Hütte im Wald unterstützen. Schnell findet einer der vier das Necronomicon Ex-Mortis, das Buch der Toten, und beschwört damit ihren Untergang herauf.
Ganze 32 Jahre sind seit dem Erscheinen von Sam Raimis Tanz der Teufel (Originaltitel: Evil Dead) vergangen. Noch immer ist der damalige „Skandalfilm“ nicht ungeschnitten in Deutschland erhältlich. Wegen seiner drastischen Gewaltdarstellungen wurde er erst indiziert und dann beschlagnahmt. Unter Horrorfans gilt Sam Raimis Spielfilmdebüt, das zwei Fortsetzungen erhielt, immer noch als absoluter Kultfilm. Nicht nur wegen des überaus beliebten Hauptdarstellers Bruce Campell, sondern auch dank der dichten Atmosphäre und den aufwendigen Gore-Effekten.
Raimi selbst verzichtet beim Remake auf den Regiestuhl und wählte dafür Fede Alvarez aus, der ebenfalls mit „Evil Dead“ seinen ersten Film in Spielfilmlänge dreht. Zusammen mit Bruce Campell und dem Produzenten der Originaltrilogie Robert G. Tapert bleibt Raimi der Reihe als Produzent erhalten.
Bleibt die Frage: Ist das Remake wirklich so schockierend? Die Antwort lautet Nein. Ist es trotzdem ein gelungenes Remake? Ja, durchaus.
Im Vergleich zu Neuverfilmungen von bekannten Horrorklassikern wie Texas Chainsaw Massacre, Freitag der 13. oder The Last House On The Left ist das Evil-Dead-Remake deutlich brutaler (die deutsche Kinofassung ist trotzdem ungeschnitten). Es wird reichlich gehackt, gehämmert und gesägt und daher eignet sich der Film auch nicht für Leute mit einem empfindlichen Magen. Anders als die Splatterszenen in Tanz der Teufel, die komische Elemente besaßen, inszeniert Alvarez hier härter und kompromissloser. Körperteile werden en masse abgetrennt, wobei die Kamera immer nah dabei ist. Komik blitzt leider nur ganz selten durch, wenn zum Beispiel eine der Protagonistinnen sich in einen Dämon verwandelt und sich unmittelbar danach einuriniert.
Außer den teilweise heftigen Gore-Effekten bietet der Film aber wenig Schockierendes. Die hübschen Darsteller bleiben blass und sind austauschbar. Einen Wiedererkennungswert, der dem eines Bruce Campell auch nur nahe kommen würde, besitzt keiner von ihnen. Lediglich Jane Levy, die die weibliche Hauptrolle übernimmt, liefert eine engagierte Leistung ab und bleibt mit ihrem verzweifelten Geschreie etwas im Gedächtnis. Die hübsche und saubere Hochglanzoptik des Films ist Geschmackssache und hebt ihn nicht sonderlich von der Genre-Konkurrenz ab. Der durchgestylte Musikvideo-Look steht in den letzten Jahren bei Mainstream-Horrorproduktionen hoch im Kurs, zu einer dichteren oder düsteren Atmosphäre trägt er aber definitiv nicht sonderlich bei.
Die Liebe zum Original merkt man dem Film aber deutlich an. Er ist vollgestopft mit Verweisen und Anspielungen an Raimis Werk. Die Kettensäge kommt übrigens auch wieder zum Einsatz. Kenner des Originals werden sich sicherlich an einigen Stellen ein Schmunzeln nicht verdrücken können. Dabei gelingt es Alvarez aber trotzdem etwas Neues zu schaffen. Er verändert und erweitert die Geschichte, sodass man am Ende gar nicht von einem detailgetreuen Remake sprechen kann. Da die Veränderungen aber behutsam eingebracht werden, bringen sie frischen Wind in die Neuverfilmung und machen Evil Dead zu einem Mix aus Remake und neuen Ideen. Diese gelungene Mixtur hebt ihn deutlich von der Konkurrenz ab.
Insgesamt ist „Evil Dead“ eine rasante Fahrt ohne Längen, die sich aber etwas zu sehr an den gängigen Konventionen festhält und damit nicht so schockierend ist, wie Raimis Werk seiner Zeit. Dafür hauen die Gore-Szenen trotzdem ordentlich rein und die vielen Verweise aufs Original lassen das Fanherz höher schlagen.
Tipp für alle, die das Original noch nicht kennen: Auf der englischen Amazonseite ist die DVD günstig und uncut zu haben.
Info: Evil Dead, USA 2013, Regie: Fede Alvarez, Länge: 92 min, Darsteller: Jane Levy, Shiloh Fernandez, Lou Taylor Pucci, Kinostart Deutschland: 16.05.2013.