Alle weiblichen Studierenden der Uni Siegen kennen die rosafarbenen Aufkleber „Mädchen in Not“ von den stillen Örtchen der Uni nur allzu gut. Doch was hat es damit auf sich? Noch so ein anonymer unbekannter Verein, der sich für irgendetwas Weltverbesserndes einsetzt? Davon gibt es schließlich in den Toiletten genug Sticker. Proasyl, Protierschutz, Antirassismus, ACAB, ProStupa, Anti-Asta, ProQueer … Die Liste lässt sich unendlich weiterführen.
Tatsächlich handelt es sich bei Mädchen in Not um eine Beratungsstelle für Mädchen und junge Erwachsene, die traumatische Erlebnisse verarbeiten wollen. Es gibt eine Beratungsstelle in Siegen und in Kreuztal. In Kreuztal sind sogar zwei ehemalige Studenten der Universität Siegen als Pädagoginnen tätig.
Duygu Gözler (28, M.A. Bildung und Soziale Arbeit) und Sandy Albring (24, B.A. Sozialarbeiterin) machen ihren Job furchtbar gerne. „Ich wollte unbedingt etwas mit Kindern und Jugendlichen machen, gleichzeitig aber auch im Siegerland bleiben“, erzählt Sandy, während wir im Therapieraum der Beratungsstelle stehen. Hier findet sich alles, was das Kinderherz begehrt: Puppen aller Art, ein Spielhaus, Kuscheltiere… – Spielzeug soweit das Auge reicht. „Das ist wichtig, denn über Rollenspiele erfahren wir vor allem bei jüngeren Kindern, wo der Schuh drückt“, sagt Sandy.
Das Studium an der Universität Siegen hätte ihnen auf jeden Fall eine gute theoretische Grundlage gegeben. „Das Thema sexueller Missbrauch ist aber bei mir weder während meines Bachelors noch während meines Masters an der Uni aufgetaucht“, beschwert sich Duygu. Deshalb sei sie froh, dass sie an der Uni schon ein Seminar über das Thema organisiert habe. Duygu setzt sich zudem für Jugendliche und junge Erwachsene aus anderen Kulturen ein.
Die Beratungsstelle für Mädchen in Not bietet auch Präventionseinheiten an Schulen an, und ist bei den Ferienspielen in Siegen und Kreuztal sowie in diversen Arbeitskreisen vertreten. „Seit neuestem setzen wir uns aber auch für interkulturelle Beratung ein, da ich fließend Türkisch spreche. Mit jungen Mädchen spreche ich über Zwangsverheiratung oder Ehrenmorde. Für Kinder und Jugendliche mit muslimischem Hintergrund sind das wichtige Themen“, betont Duygu Gözler.
Ab 2016 endet die bisherige Trägerverein IPFPAKE e.V. seine alleinige Trägerschaft, zukünftig wird dieser mit dem Siegener Verein „Alternative Lebensräume“ fusionieren, der dann die Trägerschaft für die Beratungsstelle übernehmen wird. Für das nächste Jahr ist übrigens auch ein Projekt für Flüchtlingskinder zwischen vier und sechs Jahren geplant.
Jugendliche und junge Erwachsene werden in den Büros von Sandy und Duygu in Empfang genommen. Sandy weist auf eine Hintertür hin, durch die Betroffene unerkannt zu einem Beratungstermin kommen können. „In Kreuztal kennt jeder jeden. Da kann ich gut verstehen, dass viele nicht über den Haupteingang zu uns kommen wollen“.
Auch Praktikanten nimmt die kleine Beratungsstelle gerne auf. „Ich selbst habe hier ein Praktikum gemacht und war so begeistert, dass ich mich nach meinem Bachelor gleich hier beworben habe“. Sandy lächelt. Allerdings sei der Ansturm an Praktikanten während der Semesterferien begrenzt. Deshalb freut sich die Beratungsstelle auch über studentische Teilzeit-Praktikanten während des Semesters.
Etwa 300 Fälle behandeln die beiden jedes Jahr. In letzter Zeit seien die Betroffenen jeder immer unter einer gewissen Altersgrenze gewesen. Deshalb freut sich die Beratungsstelle, wenn sich auch Betroffene Studentinnen vertrauensvoll an sie wenden würden.
Manchmal lohnt es sich eben doch, sich mit den „Kloinhalten“ vertraut zu machen.
Mehr dazu auch in unserer neuen Kategorie „Klospruch der Woche“, die ab diesem Freitag am Start sein wird!