– ein Kommentar zu LeFloids Merkel Interview vom 13.07.2015
von Anna Sebastian
Ein YouTube-Interview mit unserer Frau Bundeskanzlerin – hohe Erwartungen und ein enttäuschendes Ergebnis! Eine mediale Diskussion entfachte das Interview des YouTube-Bloggers LeFloid alias Florian Mundt mit der Kanzlerin vom 13.07.2015 und zerschlug vielfach gehegte Hoffnungen auf das ‚mal-etwas-andere’-Interview.
Doch seien wir mal ehrlich, was war denn da zu erwarten? Ein provozierendes und aufschlussreiches Spektakel wohl eher nicht. Wie ein Internetuser – so berichtete es n-tv – passend und vor allem ironisch (in etwa) so kommentiert: „Ein Interview mit Angela Merkel. Und was kommt überraschend dabei heraus: Ein Interview mit Angela Merkel.“ Es war doch wohl anzunehmen, dass eine medienerprobte Politikerin nicht zu leicht aus der Reserve zu locken ist. Ihren Spitznamen „Teflon-Kanzlerin“ – übrigens eine der besten Wortschöpfungen überhaupt – trägt die gute Frau Merkel schließlich nicht zu Unrecht. Und wäre LeFloid provokanter in seinen Fragen geworden, hätte er unter Umständen unprofessionell gewirkt (nicht dass er als professioneller Journalist einzustufen ist. Ich sage nur ‚absolut’ und ‚cool’). Dennoch, zumindest wären mir dann nicht bei dem 30-minütigen Interview die Füße eingeschlafen. Ist es zu viel verlangt, sich politische Vertreter mit etwas mehr Ecken und Kanten zu wünschen?! Obwohl, die Selbstdarstellung von Politikern, wie sie gerade in Griechenland zu beobachten ist, überzeugt mich auch nicht gerade. Apropos Griechenland! Wie ist der Inhalt dieses Interview einzuordnen?! Auf Griechenland wird nicht eingegangen und generell wurden die Fragen des Interviewers in guter Merkel-Manier nur sehr oberflächlich beantwortet. Das Gespräch beginnt mit der Frage nach und der Definition von dem ‚guten Leben’. Die Antwort von Angela Merkel grenzt schon an eine Parodie des allgemein deutschen Stereotyps. ‚Gutes Leben’ sei für sie unter anderem lange, auch über acht Stunden hinaus, zu arbeiten. Ist ja ein Glück, dass wir die Rente mit gefühlt Hundert haben…Ernsthaft?! Gutes Leben und viel arbeiten? Zumindest wirft die Bundeskanzlerin ein, dass dies wohl Typsache sei. Ein weiteres besprochenes Thema – an dieser Stelle kann man zumindest mal von einem tatsächlichen Informationsgehalt sprechen – ist die ‚Ehe für alle’. Überraschung, die CDU lehnt diese ab! Die Ehe umfasst nur die Partnerschaft zwischen Frau und Mann, so Merkel. LeFloid kann man an dieser Stelle zu Gute halten, dass er sich hier nicht ganz so leicht geschlagen gibt und das treffende Argument der Diskriminierung in den Raum wirft. Natürlich wird Diskriminierung innerhalb der CDU nicht gut geheißen, dennoch müsse man akzeptieren, dass es verschiedene Meinungen gebe. Na schön, dass ist zwar ein banales Dafürhalten, aber leider auch nicht zu entkräftigen. Trotzdem, wie kann man zu Beginn des Gespräches sagen, dass man an rund 80 Millionen weitere Menschen denken muss und dann die Meinung einzelner, in diesem Fall einer konservativen Partei, über die Mehrheit der Bevölkerung (, die die ‚Ehe für alle` klar befürwortet) stellen?! Es ist die Aufgabe einer (regierenden) Partei eben jene Mehrheit zu repräsentieren und gleichzeitig sich gegen Diskriminierung auszusprechen! Irgendwie habe ich Probleme mit dieser im Interview proklamierten Verfahrungsweise. Im Gegensatz zu Mundt gehe ich nicht mit der Meinung der Kanzlerin konform. Weiter als zu diesem Punkt geht der interessantere Teil dieses Interviews nicht. Es werden eine paar Floskeln ausgetauscht zur NSA-Affäre, Antisemitismus und zum Freihandelsabkommen TTIP. Am Ende betont der Interviewer noch, dass er weder gekauft, öhm entschuldigt, bezahlt wird, noch dass die Fragen zuvor bekannt waren. Als ob dies einen Unterschied gemacht hätte. Frau Merkels Antihaftbeschichtung ist erprobt und bewährt sich ausgezeichnet. Sie sollte sich zum Werbegesicht für Bratpfannen oder ähnlichem durchringen. Das wäre Selbstironie nach meinem Geschmack! Aber Spaß beiseite.
Die Hoffnungen für dieses Interview waren scheinbar groß. Erfüllt wurden sie jedoch nur auf einer Seite, zu Gunsten der CDU. Es ist beinahe unterhaltsam, dass sich Frau Merkel von medialer Nutzung im Bereich des Privaten distanziert – wie es beispielsweise gerne Obama praktiziert – um „in“ und modern zu sein. Aber warum bedient sie sich dieser medialen Plattform? Zur reinen politischen Präsenz? Denn von politischer Botschaft und vor allem Inhalt ist dieses Interview weit entfernt. In diplomatischer Manier wird von beiden Seiten aus auf konkrete Beantwortung von Fragen verzichtet. Dem Interview fehlt das Innovative, denn Potenzial hätte es – und auch der Interviewer – sicherlich gehabt. Man hat sich von dem Gespräch zu viel erhofft, aber hat man es in dieser Form tatsächlich gebraucht?! Zutreffend wird es im Spiegel als Plattform für „Angelas Kalendersprüche für jeden Tag“ eingestuft. Es bleibt zu hoffen, dass interessantere politische Dialoge auf ungewöhnlicheren Plattformen wie YouTube folgen, die mehr inhaltliche Substanz liefern und wenn schon nicht das zumindest einen größeren Unterhaltungswert.
Den Link zu dem genannten Spiegel-Artikel findet ihr in Natalies Kommentar Youtube: Fluch oder Segen?. Hinter folgendem Link versteckt sich eine kurzer Artikel von n-tv, der die Reaktionen auf das Interview im Internet gut zusammenfasst:
http://www.n-tv.de/leute/LeFloid-kassiert-Spott-fuer-Merkel-Interview-article15514726.html