von Daniel Kraus
Die Deutschen greifen bei Arbeiten rund ums Haus immer häufiger selbst zum Werkzeug. Ob aus reiner Freude am Heimwerken oder der bloßen Sparsamkeit – all diese Projekte haben einen gemeinsamen Startpunkt. Ein Einblick in den Baumarkt-Alltag, mit oft unerfahrener Kundschaft.
Draußen ist es noch dunkel, es ist acht Uhr morgens. Der Parkplatz ist wie leergefegt. Im Inneren eines Kölner Baumarktes wird das Licht eingeschaltet. Noch huschen nur einige Mitarbeiter zwischen den meterhohen Regalen hindurch, die mit Werkstoffen und Produkten gefüllt sind: Farbeimer, Schrauben und Beschläge. Das Einzige, was sich aufdrängt, ist der Geruch nach Holz und Farbe. Schon bald wird die erste Kundschaft eintreffen, meist mit einem Bau-Projekt im Hinterkopf, das nun in die Tat umgesetzt werden soll. Ob ihre handwerkliche Erfahrung dafür ausreicht, wird sich noch zeigen.
Für Marko N. beginnt nun die Frühschicht, die bis 17.45 Uhr andauert. Er ist 21 Jahre alt und arbeitet seit vier Jahren im Baumarkt. Am Anfang seiner Schicht muss er sich erst einmal um die Spuren vom Vortag kümmern. Die einzelnen Abteilungen werden aufgeräumt und die Regale wieder gefüllt. Alles muss an seinem Platz sein. Er bearbeitet Kundenaufträge und kontaktiert Lieferanten, falls sich Warenlieferungen verzögern. „Im Mittelpunkt stehen aber die Kunden, um die man sich immer kümmern muss“, sagt Marko. Und er ist sich sicher, dass der Trend in Richtung Heimwerken geht: „Vielen sind die professionellen Handwerker zu teuer, haben aber auch einfach Spaß daran, mit ihren Händen etwas zu schaffen.“
Und eben diese Entwicklung zeigt sich nicht nur in einzelnen Baumärkten oder Regionen, sondern deutschlandweit. Laut einer repräsentativen Umfrage vom Institut Ipsos aus dem Jahre 2008 wollen 73 % der Befragten mehr selbst machen angesichts der wirtschaftlichen Situation. 43 % von ihnen würden sich sogar an anspruchsvollere Heimwerkerprojekte wagen. Und diese Einstellung hat sich bis heute nicht wesentlich verändert. Grund dafür ist aber nicht allein Sparsamkeit. Fast die Hälfte der Befragten gab auch an, dass sie gerne mehr Zeit zu Hause verbringen wollen, um diese in die eigenen vier Wände zu investieren. Ein Großteil der Arbeit wird dabei in kleinere Reparaturen und Projekte gesteckt. Das weiß auch Marko N.: „Die Kunden wollen meist nur streichen und tapezieren, ihr Parkett schleifen oder Zwischenwände aus Gipskarton bauen. Doch ihnen fehlt häufig das nötige Wissen und die Erfahrung. Ich schätze rund 85 % der Kunden sind schlecht vorbereitet und unerfahren.“ Die Selbstüberschätzung erlebt Marko fast täglich, gerade bei den männlichen Heimwerker-Helden: „Ein Kunde wollte selbst Steckdosen verlegen, obwohl seine Frau lieber einen Elektriker gerufen hätte. Er meinte, sie solle sich nicht so anstellen. Drei Kabel in die Buchse stecken könne er schon noch. Drei Stunden und einige planlos verlegte Kabel später kam er wieder und fragte völlig aufgelöst, was er eigentlich tun müsse. Da konnte ich ihm dann auch nur noch den Elektriker ans Herz legen“, erzählt er lachend.
Zu jeder Zeit sieht man einen Mitarbeiter im Gespräch mit Kundschaft. Sie berichten freudig von ihren Bau-Projekten, wissen meist aber nichts von der richtigen Vorgehensweise und was sie dazu an Materialien brauchen. Eine durchdachte Einkaufsliste haben sie nicht immer dabei. Oft sind die Arbeiten schon längst begonnen worden, kommen aber zwischendurch wieder ins Stocken oder gar zum Stillstand.
Marko N. empfiehlt, sich rechtzeitig und ausgiebig zu informieren, um solchen Problemen vorzubeugen. „Viele Kunden kommen mit missglückten Versuchen zu uns und brauchen eine Beratung. Dem kann man vorbeugen, wenn man von Anfang an nachfragt und Abläufe kennenlernt. Mittlerweile wird es dem Heimwerker auch durch leicht zu verarbeitendes Material einfacher gemacht. Unser Sortiment ist klar der Nachfrage und dem Trend zum Selbermachen angepasst. Schließlich sind wir ein Heimwerkermarkt“.
Kurz vor Feierabend steht dann ein Mann an der Retourenkasse. Er hat zersägte Holzleisten, angebrochene Eimer mit verschiedenen Lacken, Einbauleuchten und einige gebrauchte Pinsel dabei. Ein Blick auf den Kassenbon verrät, dass er diese Waren zwei Wochen zuvor im selben Baumarkt gekauft hat. Die gebrauchten Materialien möchte er unbedingt wieder zurückgeben. Er sei an seinem Projekt „Vitrinen-Bau“ gescheitert und mittlerweile vollkommen überfordert. Marko kommentiert: „Bei solchen Fällen können wir dann auch nichts mehr für unsere Kunden tun. Spaß am Heimwerken hin oder her, aber bitte nicht mit dem Kopf durch die Wand.“