Statt Alt und Helau wollte Johannes in Düsseldorf asiatische Kultur auf dem Japantag erleben. Doch statt Japanern bekam er ein außersaisonales Kostümfest mit und auch die japanische Küche wurde ihm vorenthalten.
Von Johannes Herbst
Schon in der Straßenbahn begegnen mir die ersten Zeichentrickhelden. Im Vierer nebenan sitzt Pikachu mit zwei bezopften Kriegerinnen und drei Dosen Paderborner. Ich ahne bereits welches Publikum mich wohl auf dem Japantag in Düsseldorf erwarten wird.
Am Samstag dem 30.05.15 war ich mit meiner Freundin auf dem Weg von Oberhausen nach Düsseldorf. Über einen Kollegen habe ich erfahren, dass dort wieder der Japantag stattfindet. Da die Samstagspläne eher mau aussahen und das Semesterticket genutzt werden musste, fuhren wir dort hin.
In Düsseldorf angekommen begrüßte uns erstmal ein dicker Regenschauer und wir suchten Unterschlupf vor einem Bademode-Geschäft, aus dessen Schaufenstern uns die plakatierten Bikinischönheiten den Sommer noch mehr vermissen ließen. Während wir uns in der kleinen Nische vorm Nasswerden fürchteten, sahen wir weitere verkleidete Leute, die schützend unter Schirmen über die Straße Richtung XXX an uns vorbeihuschten. Bei manchem Anblick fing ich leicht an zu frieren: Mädels mit kurzen Hosen, bauchfreien Oberteilen, aber riesigen Waffen (wahrscheinlich aus Pappmaschee) in der Hand; Jungs, oberkörperfrei oder in luftigen Basketballtrikots. Cosplayer nennen sich diese Asia-Karnevalisten, wurde ich auf Nachfrage aufgeklärt und mir fiel ein, dass ich bereits davon gehört hatte. Ziel beim Cosplayen sei es, einem Manga oder Animecharakter outfittechnisch nachzuahmen und sich mit selbstgemachtem Kostüm und Schminke in dessen Rolle zu versetzen. Ein einzelner Beitrag über dieses Hobby wäre wahrscheinlich schon eine Wortmeldung wert, allerdings kann ich hier nur als verblüffter Voyeur agieren. Nach einer weiteren Regenpause und kleinem Absacker in der traditionellen Killepitschstube ging es dann auf den Japantag beziehungsweise entlang der weißen Zeltbuden, die sich am Rheinufer aneinanderreihten. Doch auch hier waren die Cosplayer überrepräsentiert, was sage ich, allgegenwärtig. Japaner, beziehungsweise einen Asiaten habe ich im Publikum kaum gesehen. Nur wenige Meter Fußweg und mich überkam eine leichte Enttäuschung. Nachdem die ersten Buden eher wirtschaftliche Aspekte der deutsch-japanischen Freundschaft aufzeigten oder Werbung für Reiseunternehmen machten, folgten viele Stände, die die Vorlieben des verkleideten Publikums bedienten. Sicher wäre es auch mal interessant gewesen, die ganzen Gimmicks, die für die Manga- und Animefans angeboten wurden, zu betrachten, doch es bildeten sich riesige Trauben vor den Zelten, sodass es kaum möglich war, hinein zu gelangen. Nur einmal konnte ich eine Reihe langer, rechteckiger Kissen ausmachen, auf denen entweder dickbrüstige Zeichentrickmädels sich lasziv rekelten oder oberkörperfreie Jungs ihren Halbständer unter einem Handtuch versteckten. Anscheinend waren das Kissen zum etwas intensiveren Kuscheln?! Bedenklicher war allerdings die unbeschreibbar lange Schlange. Auf die Frage, wofür denn angestanden wird, erhielt ich zwei Namen mit denen ich nichts anfangen konnte, worauf hin ich aufgeklärt wurde, dass es sich um zwei Youtuber handele. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und merkte mal wieder, dass ich vielleicht doch schon alt geworden bin. Genauso ging anscheinend auch der „free hugs“-Trend an mir vorbei. Hier nur am Rande erwähnt, aber doch irgendwie bemerkenswert: Immer wieder sah man Leute mit „free-hugs“-Schildern um den Hals hängen, aber beim Umarmen habe ich sie nie gesehen. Vielleicht könnte mich hier auch noch jemand aufklären? Die nächste Enttäuschung kam, als die Kampfkunstvorführung auf einer Nebenbühne wegen schlechten Wetters abgebrochen werden musste und der einzige Essensstand (geiles, japanisches Essen war eigentlich mein Hauptmotiv für den Ausflug) nur die standardmäßigen gebratenen Nudeln und Frühlingsrollen anbot, sowie die Riesenschlange davor.
Ohne neue Informationen über die asiatische Insel oder einer kulinarischen Erweiterung, dafür mit einem lustigen Erinnerungsfoto mit zwei entspannten Japanern, die als Bier verkleidet waren (vielleicht eine Gegenaktion zum Cosplay?) machten wir noch einen Versuch zur Beschaffung asiatischer Feinkost und fuhren ins japanische Viertel. Doch auch hier schlängelten sich die Menschenreihen vor den Restaurants bis auf die Straße. Einen Versuch werde ich mit Sicherheit noch einmal in dem Viertel starten, aber sicher nicht am Japantag.