von Franziska Elsner
Vor wenigen Tagen fand die alljährliche Gamescom in Köln statt und auch dieses Mal drängten sich mehrere Tausend Menschen auf das Messegelände. Besonders viel Betrieb war auch vor dem Stand von „Call of Duty – Advanced Warfare“, das neue Spiel aus der Ego-Shooter-Reihe.
Ohne Skrupel wird Tom in die Schule stürmen. Innerhalb von Sekunden lädt er sein Maschinengewehr nach. Er weiß ja, wie es funktioniert! Er hat es gelernt. 15 Stunden am Tag und bis in die Nacht hinein hat er Kriegsmissionen erledigt und kaltblütig Soldaten ermordet. Genau so gefühlskalt würde sich Tom verhalten, wenn er zum ersten Mal ein Maschinengewehr in der Hand halten würde. Ja, würde er das? Nein! Tom würde die Waffe zitternd in den Händen halten und nicht wissen, wie genau er sie bedienen muss.
Niemand lernt durch das Drücken von Knöpfen an der PlayStation, wie genau ein Maschinengewehr funktioniert. Und wo bekommt Tom die Waffe überhaupt her? Von seinen Eltern? Illegal aus dem Internet? Ständig lese ich Artikel, die allein brutale Videospiele für Gewaltverbrechen verantwortlich machen. Dass die Spieler von Shootern nicht sofort zu Amokläufern mutieren, dürften die zahlreichen Kritiker doch langsam begriffen haben.
Trotzdem frage ich mich: Ist das alles Schwachsinn oder sollten wir uns wirklich Gedanken um mehrere Millionen Gamer machen?
Ich interessiere mich sehr für Videospiele jeglicher Art und es vergehen auch mal mehrere Stunden, die ich vor dem PC verbringe. „Assassin’s Creed“ ist kein Ego-Shooter, sondern ein Action-Rollenspiel, aber auch dort werden Menschen erstochen, erschossen und zu Tode geprügelt. Ich spiele es jedoch nicht, weil ich lernen möchte, wie ich am hinterlistigsten töte! Es entführt mich aus dem Alltag, lässt mich in eine fesselnde Welt voller Abenteuer eindringen. Es macht Spaß und die Missionen sind gut gemacht. Für dieses spannende Erlebnis muss ich auch mal Wachen bekämpfen, um im Spielverlauf voran zu kommen.
Trotzdem werde ich ganz bestimmt nicht zum Amokläufer! Aber ich merke, wie sich meine Einstellung gegenüber Gewalt in Videospielen ändert. Zu Beginn fand ich es grausam, mich als Assassine an ahnungslose Wachen heranzuschleichen und sie mit meinem Dolch zu erstechen. Mittlerweile macht es mir nicht mehr viel aus …
Ich denke, dass wir insbesondere von den Erfahrungen unserer Kindheit geprägt werden. Bei mir war es zum Beispiel so, dass ich als Kind sehr selten ferngesehen oder vorm Computer gesessen habe. Ich war lieber draußen und bin wie „Ronja Räubertochter“ oder „Pippi Langstrumpf“ auf Bäume geklettert. Geprägt von meiner Kindheit spiele ich jetzt lieber Rollenspiele, in denen man Abenteuer erleben und geheimnisvolle Welten entdecken kann. In meiner Freizeit arbeite ich als Kinderbetreuerin und es ist nicht selten, dass sich 10-Jährige begeistert über ihre Lieblingswaffen in „Call of Duty“ unterhalten.
Es gibt also auch Kinder, die ganz andere Erfahrungen machen und schon früh an die virtuelle Welt gewöhnt sind, doch was stellen solche Erfahrungen mit kleinen Kindern an? Kann ein 10-Jähriger Realität von Fiktion unterscheiden und wie verändert sich seine Persönlichkeit? Doch bevor wir den Videospielen die alleinige Schuld geben, sollten wir auch andere Aspekte miteinbeziehen. Beispielsweise wie die Kinder überhaupt an solche Spiele gelangen und inwieweit auch Eltern Einfluss auf ihr Verhalten haben. Denn teilweise wissen diese sogar, dass ihre Schützlinge „Call of Duty“ spielen.
Ich setze mich jetzt nochmal an den PC und zocke noch ein wenig, aber angesichts der vielen Artikel über die gefährliche Wirkung von Videospielen dürfen wir trotzdem nicht aufhören zu diskutieren.