von Michael Fassel
Inmitten eng aneinandergebauter Fachwerkhäuser sonnen sich die Menschen in den Cafés der Fußgängerzone des beschaulichen Ortes Bad Münstereifel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Bonn, von wo er mit der Bahn bequem zu erreichen ist. Obwohl es seit fast zwei Jahren als „Outlet“-Zentrum denn als Kurort bekannt ist, strahlt es einen urlaubsharmonischen Charme aus. Shopping wird nicht zum Marathon inmitten genervter Gesichter wie in der Kölner Hohe Straße, aus der man oftmals nicht ohne blauen Flecken an einem Freitagnachmittag rauskommt, sondern ist hier Erholung.
Die Zeit geht spürbar langsamer vorbei, die Kunden wollen möglichst lang im übersichtlichen Getümmel bleiben, ja, einfach dazugehören.
Die Generationen mischen sich in der 6.000-Einwohner-Stadt, es ist etwas für jeden dabei, ob Bekleidungsgeschäfte, Eiscafés, Printenläden, Buchhändler oder Dekorationsbedarf – und nicht zuletzt der Lindt-Store, bei dem ich bereits eine Kundenkarte habe. Schokoladenfans kommen hier im buchstäblichen Sinne auf ihre Kosten. Gleichwohl bietet das Geschäft die Produkte der Schokoladenfirma, nicht zu Discounter-, sondern zu stark reduzierten Preisen an. Der berühmte goldene Hase ist im Mai eben out, also wird er zu Preisen von unter einem Euro gehandelt. Das Gleiche gilt für eine Tafel Schokolade, auf der das Mindesthaltbarkeitsdatum mit „06.30.2016“ etikettiert ist. Ein seltsames Datum. Das hat im Discounter keine Chance, also wird es hier deutlich günstiger verkauft. In der Vorweihnachtszeit sollte man als Kunde viel Zeit mitbringen, da Wachpersonal zu Hoch-Zeiten nur eine begrenzte Auswahl in das nicht sonderlich große Ladenlokal einlässt.
Natürlich bietet das kleine Städtchen noch mehr kulinarische Köstlichkeiten. Gleich zu Beginn der altertümlich-beschaulichen Fußgängerzone reiht sich entlang des Flussgeländers Café an Café. Jedes ist individuell: vom Traditionsunternehmen Café T über das klassische Eiscafé Bella Italia bis zu JoJos Crêperie ist für jeden etwas dabei. Beim Genuss des Eierkuchens und beim Anblick der mittelalterlichen Fassaden mit üppigen Geranien an den Fenstern weht mir ein Hauch französisch-elsässischen Flairs um die Nase.
Für eingefleischte Heino-Fans – denn diese sollten Bad Münstereifel kennen – bietet das Kurhaus mit dem Heino-Café Süßes. Bis zur Entstehung des Outlets war es noch im Zentrum und beliebtes Ausflugsziel zahlreicher Kaffeefahrten. Dort, wo früher der sonnenbebrillte blonde Sänger möglicherweise mal hinter der Theke zu erblicken war, bietet nun Puma eine Fülle an Sportschuhen und -wäsche an. Die sagenumwobene Haselnusstorte ist allerdings im Kurhaus auf dem Berg zu finden, wozu man ein paar Meter laufen muss, dafür aber an der beeindruckenden mittelalterlichen Stadtumwehrung vorbeikommt. Von dort kann man auf Bänken den Panorama-Blick über den historischen Stadtkern genießen und sich von einer Shopping-Tour erholen. Und schließlich darüber sinnieren, ob das anfänglich umstrittene Outlet-Zentrum zu einem mittelalterlich anmutenden Erholungsort passt. Das Konzept geht auf. Dafür muss man nur in die belebte Stadt und die vollen Einkaufstaschen sowie die zufriedenen Gesichter der Kunden und Einzelhändler blicken. Ein kulturelles Angebot rundet das Konzept ab: Das mit Bad Münstereifel verwachsene St. Michael-Gymnasium – ursprünglich eine aus dem 17. Jahrhundert gegründete Jesuiten-Schule etwa – bietet Theateraufführungen und Konzerte. Darüber hinaus veranstaltet das Kulturhaus theater 1 Tanz, Literatur und Figurentheater. Ungewöhnliche Museen wie das Apotheken- oder das Puppen- und Spielzeugmuseum laden an regnerischen Tagen zu einem Besuch ein.
Ein Tagesausflug in das Eifeler Städtchen ist lohnenswert und lädt zum entspannten Shoppen in beschaulicher Kulisse ein. Wer zum Ausgleich etwas Natur braucht, sind die gut ausgeschilderten Wanderwege am Rande der Stadt zu empfehlen.