Beautiful World, Where Are You

Rezension zu Sally Rooneys Roman Schöne Welt, wo bist du
Von Wiliam J. Mertens

Bereits in Conversations With Friends (2017), dem Romandebüt der irischen Bestsellerautorin Sally Rooney, stehen vier junge Menschen, die ihren Platz im Privat- und Berufsleben suchen und komplizierte Beziehungen untereinander entwickeln, im Zentrum. Ähnlich gestaltet sich die Figurenkonstellation in Rooneys drittem Roman Beautiful World, Where Are You (2021, dt. Titel: Schöne Welt, wo bist du), in der Rooney eine Romanautorin mit Alice Kelleher als eine der Protagonistinnen wählt, ihre Erfahrungen als Schriftstellerin fiktional verarbeitet und einen durchaus kritischen Blick auf den Literaturbetrieb wirft.

Schöne Welt, wo bist du - Sally Rooney

Immer wieder bilden einzelne Kapitel die Briefkorrespondenzen zwischen Alice, die sich mit dem Lagerarbeiter Felix einlässt, und ihrer Freundin Eileen, die als Redaktionsassistentin einer Literaturzeitschrift arbeitet und ihre Freundschaft zu dem Politikberater Simon auf eine sexuelle Ebene erweitert, die persönlichen, beruflichen, philosophischen und gesellschaftspolitischen Reflexionen der beiden Protagonistinnen ab. Deren Erfahrungen werden trotz hier und da eingestreuter SMS-Nachrichten im allzu stark mäandernden Rest des Romans zu wenig fokussiert geschildert. Hier wäre eine klarere Lenkung der personalen Erzählperspektiven hilfreich gewesen, um allen vier Hauptfiguren besser folgen zu können und eine stärkere Identifikation mit ihnen zu ermöglichen.

Insgesamt bietet der Roman dennoch gelungene Einblicke in Klassenunterschiede, vertrackte Beziehungen zwischen Familienmitgliedern, Dynamiken von Freundschaften, sexuellen und Liebesbeziehungen angesichts vielschichtiger Belastungsproben, den Übergang vom Studium ins Berufsleben und die komplexen Identitätsfragen, denen sich junge Menschen um die 30 heutzutage – nicht nur in Irland – stellen.

                                                                              

Sally Rooney: Schöne Welt, wo bist du
Aus dem Englischen von Zoë Beck.
Claassen Verlag, Berlin 2021.
352 Seiten, 20 Euro.