von Christian Bocksch
„Rebel Without A Cause“ sollte im Fernsehen ausgestrahlt werden, und so zappte ich in freudiger Erwartung dieses Klassikers auf eines dieser Programme, die scheinbar aus 90 Prozent Werbung bestehen. Schlagartig wurde mir bewusst, wie alt ich geworden war, ohne es überhaupt zu merken. Die Welt der Kinderspielsachen hatte sich in den letzten Jahren verändert. Ich erinnere mich noch an Torwände und kleine Revolver-Attrappen, die knallten. Inzwischen stehen allen Nachwuchs-Freizeit-Söldnern und Partisanen, klobige Projektilwaffen mit Infrarotoptik und GPS gestützter Steuerung zur Verfügung. Überraschend ist das nicht, in einer gefährlichen Welt braucht man keine Revolverhelden, sondern Black-Ops.
Was ich nicht verstehe, sind die neuen Schulen für Monster, etwa „Monster High“, die von Untoten und anderen Bestien besucht werden, die inzwischen lieber Beauty-Tipps austauschen als die Menschheit zu gefährden. Die Monster, die ich bisher kennen gelernt hatte, waren grobschlächtig, brutal und nicht besonders schlau gewesen, ganz zu schweigen von dem in den meisten Fällen nicht sehr ansprechendem Äußeren. Außerdem waren Monster und Helden unzertrennlich, sie brauchten einander. Während die Monster ihrer Beschäftigung hauptberuflich nachgingen, waren die Helden nicht selten gezwungen, ihr Einkommen durch Zweitjobs aufzubessern, beispielsweise als Journalisten oder ähnlich freie Tätigkeiten. Glück hatte ein Held, wenn er zufällig ein größeres Vermögen erbte. Eine weitere Ungerechtigkeit war damals, dass Helden immer gezwungen waren ihre Anonymität zu wahren, nur um dann irgendwann zu verbittern. Über dieses System hatten sie sich aber nie beklagt, und da der Film endlich begann, dachte ich nicht weiter darüber nach. Nach einigen Minuten, kehrte die Werbung zurück. Als ich mich gerade einem Wutanfall hingeben wollte, öffneten sich mir die Augen.
Anstatt Monster wie bisher, meist ziemlich brutal, zu bekämpfen, und dabei riesige Kollateralschäden in Kauf zu nehmen, war man zu einer neuen Taktik übergegangen. Man gab ihnen die Möglichkeit, so zu werden wie alle anderen, und es scheint zu funktionieren. Welcher Zombie löst schon eine Apokalypse aus, wenn er sich vorher die Fingernägel lackiert hat? Welcher Werwolf massakriert ein Dorf, wenn er dadurch die neue Frisur gefährdet. Die Art und Weise wie diese neuen Monster den gängigen Geschlechtsstereotypen entsprechen, lässt einem wiederum einen eiskalten Schauer den Rücken herunterlaufen.
Was wird aber dann eigentlich aus all den Helden? So ganz ohne Aufgabe könnten sie auf schlechte Gedanken kommen, wer sollte sie dann aufhalten? Die zahmen Monster? Vermutlich nicht. Vielleicht gibt es aber im geheimen auch Umschulungen für die Helden, um sie auf verantwortungsvolle Beschäftigungen, etwa Aktienmakler, vorzubereiten. Da Telefonzellen inzwischen Mangelware sind, wäre es für Superman sowieso besser, Physiotherapeut zu werden, und Verspannungen zu bekämpfen. Aber ob er als illegaler Einwanderer eine Arbeitserlaubnis bekommt, ist noch nicht geklärt.
Andererseits habe ich aber auch einfach zuviel Werbung gesehen.