„So einfach wie möglich“

Der LSF-Beauftragte Ingo Köster über die Hintergründe des Systems, seinen Job und seine Erfahrungen mit den Studierenden.

Teil 1 des LiteraListen-Interviews von Christian Schütte und Kathrin Wagner

Ingo Köster

Ingo Köster (Foto: Hendrik Schulz)

Wenn es mit der LSF-Anmeldung zu Prüfungen oder Studienleistungen nicht klappt, ist Dr. Ingo Köster einer der Ansprechpartner für Studierende der Fakultät I. Nicht jeder bricht in Jubel aus, wenn diese drei Buchstaben erwähnt werden: LSF steht für „Lehre, Studium, Forschung“ und damit für eine Web-Anwendung, die neben Siegen mehr als zwanzig andere Hochschulen in Deutschland nutzen. Innerhalb der Philosophischen Fakultät ist Köster für den ehemaligen Fachbereich 3 (Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaft) zuständig. Zu den Aufgaben bei der Prüfungsorganisation zählt neben der Hilfe für Studierenden mit Problemen auch die Schulung von Dozierenden. Wie er zur Kritik am LSF-System steht und wie sein Traum idealer Benutzerfreundlichkeit aussieht, erläutert Ingo Köster im LiteraListen-Interview.

Herr Köster, wenn das LSF nicht richtig funktioniert, weil der Server überlastet ist, und sich Studierende nicht einloggen können, obwohl sie das dringend tun müssten – ist das nicht peinlich für die Uni?
Mir ist gar nicht bekannt, dass das so häufig passiert. Ich bekomme solche Fehlermeldungen von Studierenden als Mail-Anfrage nicht häufig, das sind pro Semester vielleicht drei oder vier.

Es gab zuletzt ja im Blog „Campus im Dialog“ Stimmen zum Image des LSF, die sagen: Das funktioniert ja nie.
Das ist übertrieben. Wir müssen unterscheiden zwischen Hardware-Problemen und Software-Problemen. Die Software-Probleme sind meistens von unserer Seite gemacht: Die Studienmodelle sind so komplex, alle ihre Bedingungen müssen programmiertechnisch in der Software abgebildet werden. Und im Zuge der Einführung der neuen Studienmodelle ab 2011 gibt es permanent Änderungen. Diese Neuanpassungen in der Anfangsphase der neuen Modelle müssen wieder programmiertechnisch umgesetzt werden. Das braucht einfach eine gewisse Zeit, da bitte ich um Geduld. Im Moment werden ja noch die Studienmodelle ausgetestet und es melden sich Studierende, die sagen: Wir sind mit dieser oder jener fachspezifischen Bestimmung nicht zufrieden. Und das wird positiv aufgenommen von der Fakultätsleitung. Das muss wiederum im LSF technisch umgesetzt werden. Wenn das erst mal geschehen ist, werden Fehlermeldungen sicherlich seltener. Auf der anderen Seite gibt es Hardware-Probleme, zu denen kann ich persönlich weniger Stellung nehmen. Da heißt es aber: Durch neue Konnektivitäten wird dieses Problem mittelfristig behoben.

Das lässt sich also mit Geld lösen – das kostet was …
Alles kostet irgendwas, natürlich.

Manchmal funktioniert das LSF ja gar nicht, man „kommt nicht rein“ – gerade wenn es besonders benötigt wird. Wie kommt das?
Weil’s im Moment noch eine Richtfunkstrecke ist, und die ist einfach überlastet, wenn zu viele Leute gleichzeitig auf das LSF oder auch die Uni-Server zugreifen, wo das abgelegt ist. Das soll aber demnächst behoben sein, laut Dezernat 2. Die sind dabei, eine Kabelstrecke zwischen Herrengarten und Haardter Berg zu verlegen, das gehört – so die Meldung – demnächst der Vergangenheit an, dann gibt es diese Engpässe nicht mehr.

Was heißt „demnächst“?
Bald … (lacht)

Prinzipiell ist es natürlich eine Erleichterung, wenn alles online läuft. Bei vielen Studierenden funktioniert die Anmeldung allerdings selten komplett – und sie laufen immer noch den Scheinen hinterher.

Das sollten nur Ausnahmefälle sein. In den neuen Studiengängen (ab 2011) sollte alles elektronisch abgewickelt werden. Vom Dekanat ist gewünscht, alles online anzumelden und zu verbuchen. Ziel ist es aus arbeitsökonomischen Gründen, möglichst viel über dieses System laufen zu lassen. Scheine müssen ja mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt werden und bei der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge mit ihrem erhöhten Prüfungsbedarf und der gestiegenen Anzahl von Studierenden ist es gar nicht mehr möglich, die sich aufblähenden Prüfungsmappen vorzuhalten – das ist einfach ein raumtechnisches Problem. Das war auch ein wichtiger Grund, das System einzuführen.

Manche Dozierende finden es noch schön, einen Schein persönlich zu überreichen, weil’s so noch was „Menschliches“ hat …
Es bleibt den Dozierenden ja unbenommen, die Studierenden zu sich einzuladen und über die Hausarbeiten etc. noch mal zu sprechen und zu reflektieren. Das kann man auch ohne Scheinausgabe machen.

Vielleicht hat es sich einfach nur eingebürgert, sich über das LSF zu mokieren …
Es macht immer Spaß, dann auf ’ne Sache einzudreschen. Aber wenn’s handfeste Gründe gibt: Wir LSF-Beauftragten sind auch dazu da, die Kritik zu sammeln und ein Teil meiner Aufgabe besteht darin, Optimierungsprozesse anzuleiern. Immer her mit der Kritik! Ich bin auf der Seite der Studierenden und Dozierenden, denen ich einen möglichst unfallfreien Umgang mit dem LSF ermöglichen will. Das sollte das Ziel sein.

Das LSF ist ja auch Teil der Außenwerbung, Studieninteressenten können sich darüber informieren, was an der Uni Siegen läuft. Wäre da nicht ein optisch attraktiveres, farbenfrohes System ansprechender als das schlichte, graue Layout des LSF?
Ich habe dafür keinen Blick. Ich bin ein sehr nüchterner Mensch, ich mag’s eigentlich gerne grau und einfach. Wenn da Präferenzen für etwas anderes sind, müsste man mal beim Dezernat 2 anregen, dass sie die Seiten etwas flippiger gestalten. Ich weiß aber nicht, ob das in deren Sinne ist.

Welche Verbesserungsvorschläge hätten Sie persönlich denn?
Was Interface angeht, stelle ich mir grundsätzlich etwas ganz anderes vor, nämlich einen Dualismus. Man hat immer zwei Auswahlen: ein grauer Bildschirm, „Sie möchten jetzt dies oder jenes machen“, ja/nein – Klick! Und dann wird man weiter in dieser einfachsten Menüform durchgeschleust. Das ist meine Vorstellung von einer guten Programmierung. Aber die hab ich so noch nie gesehen in meinem Leben.

Wie kommt das?
Programmierer ticken anders als ich. Das ist auch okay und dafür hat man unter anderem mich hier für diesen Job genommen, weil ich mehr die Perspektive der Studierenden und Dozierenden kenne. Ich komme selbst von der Uni Siegen, war Student und hab ein paar Veranstaltungen gegeben.

Was würden Sie sonst noch anders machen?
Ich würde viel mehr Applikationen, die gleichzeitig auf einem Bildschirm zu sehen sind, herausnehmen und damit den Bildschirm sozusagen entlasten. Programmierer tendieren dazu, die Dinge einfach aus ihrer Sicht zu machen: Sie wollen einen schnellen Zugriff haben und auf einer Seite möglichst viele Applikationen haben, damit sie die schnell anklicken können und nicht den Bildschirm vorher wechseln müssen. Ich denke eher logisch auf hierarchischen Ebenen: Wenn das eine der Unterpunkt vom anderen ist, dann hätte ich das gerne auf einem anderen Bildschirm. Die Philosophie von Programmierern ist da ganz anders. Und da muss man sich einfach anpassen. Es sei denn, ich würde lernen noch besser zu programmieren als die, aber das traue ich mir nicht zu. Also muss ich mich dem unterordnen. (lacht)

Sie sind für die Prüfungsorganisation zuständig. Weshalb muss man sich für eine Prüfung noch mal extra anmelden? Den Sinn des Ganzen verstehen nicht alle Studierenden.
Das ist zunächst einmal ’ne rechtliche Frage: Durch die Teilnahme allein kann noch niemand gehalten werden, eine Leistung zu erbringen. Man kann sich ja in eine Veranstaltung setzen und merkt, das ist inhaltlich nichts oder man kommt mit dem Dozenten nicht klar. Wenn man nur durch die Anmeldung zur Teilnahme auf Gedeih und Verderb da sitzen würde, müsste man dann auch die Leistung erbringen – und das ist rechtlich gar nicht zulässig! Ein anderer, ganz banaler Grund ist: Das ist technisch so nicht vorgesehen von der HIS (Hochschulinformationssystem). Die hat den Rahmen programmiert für die Versionen, mit denen wir arbeiten. Es ist jetzt geplant, wahrscheinlich im nächsten Jahr ein Nachfolgesystem von der HIS einzuführen, das sogenannte „unisono“, früher „HISinOne“. Da sind Teilnahme und Anmeldung zu Leistungen viel enger miteinander verschränkt. Das Dezernat 2 arbeitet zurzeit an den programmiertechnischen Vorbereitungen zur Einführung dieses Systems.

Viele sehen das LSF als Symptom der Bürokratisierung des Studiums.
Es ist auf der einen Seite eine zusätzliche bürokratische Hürde – auf der anderen Seite ist es eine Arbeitsentlastung! Je mehr Studierende es gibt, desto wichtiger ist dieses System, weil man einfach die Noten als Dozierender schnell eingeben kann. Bei großen Kursen von 200 Teilnehmern geht das relativ fix: Man muss nicht erst die ganzen Scheine durchlesen, ob sie korrekt ausgefüllt sind, und Unterschriften leisten. Die Studierenden muss man nicht in seiner Sprechstunde Schlange stehen lassen, um Scheine einzureichen oder abzuholen, sondern kann die Sprechstunden besser dazu nutzen, auf fachliche Dinge vertieft einzugehen. Also, da sehe ich schon einen Vorteil. Ich selbst verhalte mich aber weitgehend neutral. Ich bin kein Marktschreier oder Anpreiser dieses Systems. Es hat seine Schwächen und dieser Umstand trägt sicherlich auch zu dem Gefühl der unnötigen Bürokratisierung bei.

Das LSF ist umständlich zu bedienen, sagen viele Studierende. Geht’s nicht auch einfacher?
Dafür möchte ich mich immer einsetzen. Meine Hauptaufgabe – so verstehe ich sie – ist, es den Leuten so einfach wie möglich zu machen. Aber es gibt fünf Interessenseiten: Studierende, Dozierende, Dekanat, Hochschulleitung/Verwaltung und – last but not least – wir LSF-Beauftragte! Wir müssen das Ding ja auch bedienen, wir müssen die semesterbezogene Programmierung selbst vornehmen, weil sich ja das Vorlesungsverzeichnis jedes Semester wieder ändert: Die Titel der Veranstaltungen sind anders, Dozierende übernehmen andere Veranstaltungen.

Und die anderen Nutzer?
Ich habe mich immer dafür eingesetzt und werde mich weiter dafür einsetzen, dass für die am meisten davon Betroffenen, die Studierenden und Dozierenden, das LSF bedienungstechnisch so einfach wie möglich wird. Diese beiden Gruppen – sie mögen das System begrüßen oder ablehnen – sind per Prüfungsordnung darauf nun mal festgelegt. Sie müssen dieses System anwenden. Sie sind in vielen Fällen auch nicht in dessen technischen Entwicklungsprozess eingebunden gewesen. Viele Studierende kommen ja mit Fragen zu mir. Und wenn ich der Meinung bin, an dieser Stelle ist etwas nicht gut gelaufen, dann gebe ich das weiter an die Programmierabteilung – zur Optimierung!

 

Im nächsten Teil: Ingo Köster verrät, was er von den Studierenden hält, wie das LSF an die Uni Siegen kam und wie er selbst an seinen Job geraten ist …