Peun

Eine Gastrokritik von Christian Schütte

Alles wie in der „guten, alten Zeit“? Wir testen ein besonders traditionsreiches Siegener Restaurant.

Wer es kennt, schwärmt davon; aber wer nicht weiß, wo es ist, wird es kaum durch Zufall finden: Das Gasthaus Peun liegt unterhalb der Siegener Oberstadt, Richtung Kaan-Marienborn, versteckt in einer Senke. Nebenan plätschert ein Bächlein namens Weiß. Zum pittoresken Gesamtbild fehlt nur noch ein Mühlrad, das sich gemächlich dreht. Schließlich kann das Lokal damit prahlen, „Siegens ältestes Gasthaus“ zu sein: Die Wurzeln des Hauses reichen nachweislich zurück bis ins 17. Jahrhundert.

Die Biergartensaison hat man hier Mitte April noch nicht eröffnet, der Innenraum ist mehr als gut gefüllt. Es findet sich jedoch noch ein Plätzchen für drei Personen im Obergeschoss. Dort dominiert wie überall im rustikal-verwinkelten Gasthaus die dunkle Holzvertäfelung, die hemdsärmelige Gemütlichkeit verbreitet. An den Wänden unseres separaten Seitenraums hängen schwere, schwarze Eisenpfannen, eine alte Kaffeemühle und das Siegener Stadtwappen – eine Mischung aus Traditionsbewusstsein und Regionalstolz ist also auch hier das Thema.

Ich wähle als Vorspeise die Bier-Knoblauchsuppe. Weizenbier paart sich darin mit jungem Knoblauch, garniert wird diese glückliche Liaison mit einem Kräutersträußchen und einem Klacks Schmand. Die würzig-rahmige Exzellenz, die von gerösteten Pfefferkörnern kontrastiert wird, begeistert restlos. Allein die gute Kinderstube hindert den Gast daran, den Teller leerzuschlecken. Die dezente KnPeun-Rechnungoblauchnote der Suppe macht einen auch für den Rest des Abends nicht unmöglich als Gesprächspartner. Für 3,90 Euro ist man zudem gut vorgesättigt.

Das erweist sich als vorteilhaft, da der Service an diesem überraschend gastreichen Dienstag an die Grenzen seiner Kapazität angelangt scheint. Alles dauert heute – zumal wir oben im Separee sitzen – ungewohnt lang. Die Zeit überbrückt jedoch eine regionale Spezialität, das frische, dezente Kellerbier „Bosch naturtrüb“ (0,3 l für 2,60 €) aus dem Wittgensteiner Land (Bad Laasphe).

Zu guter Letzt erreicht der Hauptgang unseren Tisch: ein günstiges Schweineschnitzel mit Rahmsauce mit halbierten Champignons, Bratkartoffeln und Salat (10,80 €). Das Fleisch ist so zart, wie es die Karte verspricht, und erfreut mit seiner krossen Panade. Der grün-rote Beilagensalat wird ergänzt durch geraspelte Möhren und Tomate, er ist kompetent komponiert und frisch. Die Rahmsoße zum Fleisch zeichnet sich durch eine feine Pfeffernote aus, vor allem aber triumphieren die halbierten Champignons mit echtem Waldaroma über ihre armen Verwandten aus der Konservendose. Fein gehackte Lauchzwiebeln ziehen sich als Leitmotiv durch Salat, Bratkartoffeln und Schnitzelgarnitur – und das ist gut so. Allein die Kartoffeln haben wohl unter der Hektik in der Küche gelitten, sind teils nicht einmal braun, teils jedoch schwärzer, als sie sein sollten. Sei’s drum!
Am Ende bin ich pappsatt, ein Schnaps muss her! Man empfiehlt uns das hausgemachte „Feuer“ (2,50 €), das allerdings nur verhalten brennt, vielmehr mild daherkommt, aber seinen digestiven Zweck erfüllt.

Trotz des Andrangs nimmt das Personal sich noch Zeit für ein scherzhaftes Geplänkel und bügelt mit Siegerländer Charme kleinere Patzer aus. Da nimmt es kein Gast krumm, wenn ein Getränk oder Besteck nachgereicht werden muss oder der Reibekuchen (als Gruß aus der Küche) vergessen worden ist. An Orten, wo es so gemütlich ist wie in diesem Gasthaus, wird längeres Warten ohnehin nie ein Problem.

Während ich mich mit meinem Schnitzel diesmal in Bescheidenheit geübt habe, ist auch im höheren Preissegment die Auswahl recht groß: Die Steaks etwa werden oft bestellt und einhellig gelobt. Überhaupt schwören langjährige Gäste, im „Peuns“ noch nie enttäuscht worden zu sein. Und auch wir verlassen das Lokal hochzufrieden. So bleibt das traditionsreiche Gasthaus ein Geheimtipp für alle Siegener – und solche, die es werden wollen.

Christian Schütte

Gasthaus Peun
Oststraße 15
57074 Siegen
täglich geöffnet ab 17.00 Uhr
außer an Sonn- und Feiertagen