Berlin, Hamburg oder der Ruhrpott gelten als Hochburgen des deutschen Hip-Hop. Fernab von dem ganzen Hype hat sich das Siegerland zu einer Konstante gemausert. Stefan Schwenzfeier hat daran großen Anteil. Anfang 2011 gründete er das Independent-Label Feine Kreise. Ein Interview von Ahmad-Id Al-Akkad
Was hat dich dazu bewogen, ein Label zu gründen?
Den Gedanken hatte ich schon sehr lange. Ich hab zuvor bei Rubin Music als Projektmanager mitgewirkt, dort war ich für Veröffentlichungen, Promo und Vertrieb zuständig. Als dann Nazz, die Gründerin von Rubin Music, den Laden dicht machen wollte, war der Zeitpunkt gekommen, ein eigenes Plattenlabel zu gründen. Alle Künstler, die vorher bei Rubin waren, sind mitgekommen.
Hatte Nazz ein Problem damit?
Keinesfalls. Bis vor kurzem war sie noch bei Feine Kreise.
Welche Künstler sind denn aktuell bei dir unter Vertrag?
Inflabluntahz, B.E. der Micathlet, Lou Lettow, Ill-Luzion und Jephza.
Eher hip-hop-lastig, würdest du auch Künstler aus ganz anderen Genres an Bord nehmen?
Ich bin da musikalisch nicht eingeschränkt. Ill-Luzion, der früher auf der Hip-Hop-Schiene gefahren ist, hat mittlerweile die Elektrorichtung eingeschlagen. Auf seinem neuen Werk, das in ein paar Monaten rauskommt, erwartet uns eine Mischung aus Dubstep und Trip-Hop. Ein anderes Beispiel ist der Rapper Erhan aus Siegen, dessen letztes Release bei uns war eher poppig.
Gibt es einen Künstler bei euch, der herausragt?
Das muss man aus unterschiedlichen Perspektiven sehen. B.E. ist der Aktivste, er macht viele Liveshows. Was die Fanbase betrifft, sind die Inflabluntahz herausragend. Deren Fans wollen wirklich konsumieren, keine Downloads, sondern physische Tonträger, die man sich in den Schrank stellen kann.
Ihr habt auch eine Bekleidungslinie, wurde die zeitgleich mit dem Musiklabel eingeführt?
Das war so geplant. Allerdings musste bei der Labelgründung die erste Vinylscheibe schnell auf den Markt, die Bekleidungslinie kam dann ein halbes Jahr später.
Kein allzu großer zeitlicher Abstand. Dann war es also wichtig schnell eine Bekleidungslinie hervorzubringen?
Absolut. Wir hatten damals bei Rubin Music zum Teil Künstler, die mehr Geld über Merchandise gemacht haben als durch CD-Verkäufe. Also dachte ich mir, warum nicht direkt eine Klamottenserie zur Musik herausbringen. Die Idee dahinter ist eine von der Musik stark beeinflusste Bekleidungsserie, um den Leuten, die unsere Releases kaufen, auch den passenden Lifestyle anbieten zu können.
Gibt es einen Verkaufsschlager?
Da kann man sogar zwei Artikel hervorheben. Ein Mal das Feine-Kreise-Gulli-Shirt, dessen Motiv aussieht wie ein Gullideckel. Bis auf ein paar Ladies-Shirts ist es ausverkauft. Was ebenfalls gut lief, war das Shirt mit dem Ghettoblaster drauf.
Was hat es eigentlich mit dem Namen „Feine Kreise“ auf sich? Manch einer könnte meinen, dass ihr euch als eine Art Elite seht?
So herum war es eigentlich nicht gedacht. Wir drücken damit aus, dass wir nicht Musik für die Masse machen wie etwa Bushido oder Sido. Wir sind ein kleiner Zusammenschluss von Leuten, der eine kleine, feine Hörerschaft anspricht.
Was machst du außer ein Label zu betreuen?
Ich hab vor Kurzem an der Uni Siegen meinen Master in Medienwissenschaften gemacht. Danach bin ich in Siegen geblieben und arbeite nun seit dem 1.4.2013 bei PSV Marketing als Junior Consultant.
Interessant. Seid ihr sowas wie eine Unternehmensberatung?
Jein. In erster Linie kümmern wir uns um die komplette Kommunikation, die eine Firma ausmacht. Sei es die grafische Gestaltung, PR, Video, Messe usw. Unsere Tochterfirma cuecon kümmert sich um die klassischen Unternehmensberaterleistungen.
Klingt nach einem Full-Time-Job. Für das Label bleibt dann wohl nicht mehr so viel Zeit …
Ja, da musste ich schon seit Antritt der Masterarbeit Abstriche machen. Ich hab dann einen neuen physischen und digitalen Vertrieb eingeschaltet, um mich zu entlasten. Die Klamottenserie wird in dem Umfang auch nicht mehr weitergeführt.
Siehst du dich auch auf lange Sicht in der Werbebranche oder wirst du eines Tages komplett in das Musikgeschäft einsteigen?
Offen gesagt hatte ich anfangs die Hoffnung, dass das Projekt Feine Kreise durch die Decke geht. Jedoch ist das hierzulande nicht so einfach. Davon abgesehen hat die Musikbranche etwas an Reiz verloren. Im Prinzip ist da wenig Abwechslung, logischerweise geht es immer um Musik. In der Agentur hingegen haben die Kunden immer verschiedene Anforderungen. Ich fühl mich in der Werbebranche gut aufgehoben, das Musiklabel bleibt fürs Erste mein großes Hobby.