Eine Glosse von Liza-Marie Siegmund
Alle Jahre wieder. Und manchmal sogar mehr als ein Mal im Jahr. Weihnachten, Geburtstage, Feierlichkeiten. Oder es ist Zeit, einfach mal wieder „Danke“ zu sagen. Ein Geschenk muss her. Geschenkt werden soll etwas selbstgemachtes, dass trotzdem persönlich und schnell gemacht ist. Aber aussehen soll’s, als habe man weder Gedanken noch Mühe gescheut. Für die beste Freundin in weiter Ferne, die Oma oder zur Verabschiedung aus dem Praktikum – die Allzweckwaffe muss her. Fast ist sie zu gut, um sie zu verraten, aber: Ich habe sie gefunden!
Meine Allzweckwaffe? Sie sind facettenreich, individuell gestaltbar und mit genug Zucker und Schokolade versehen, um jeden Süßkram-Verfallenen in die Knie zu zwingen: Kleine, selbstgebackene Cookies. Manchmal liegt das Gute so nah. Das wurde mir klar, als ich beim googlen das „Saftige Cookies schnell gemacht“-Rezept fand. Klingt perfekt. Is(s)t perfekt.
Zunächst der Check der Zutatenliste: Mehl? Zucker? Butter? Check. Eier? Salz? Vanillezucker? Backpulver? Check. Natron und brauner Zucker? Fehlanzeige. Topings nach Lust und Laune? Kaufe ich gerne. Die Entscheidung vor dem Schokoladenregal war hart. Ich habe lieber zu viel braunes Gold mitgenommen, als zu wenig und schlage wenige Zeit später das erste Ei an der Rührschüssel kaputt. „Tick-Tick-Platsch“. Wenn aller Anfang schwer ist, habe ich mich bis hierher gut geschlagen. Apropos geschlagen: Eier, Butter, Vanillezucker und Zucker ergeben nach der ersten Runde im Mixer eine schaumige Masse. Dass das so gut gelingt, könnte auch am einfachen Rezept liegen. Als ich lese, dass ich Mehl, Backpulver und Salz mit den Händen unter den Teig kneten soll, wird das Kind in mir wach. Freudige Wärme steigt in mir auf. Hoch die Ärmel, rein die Finger in den matschigen Teig. Und das Beste daran: Inzwischen steht nicht mehr Mama neben mir, die mir das Naschen verbietet und mir mit gehobenem Zeigefinger sagt, dass ich mit bösen Bauchschmerzen bestraft werde. Nach getaner Knetarbeit fahre ich großzügig mit dem Zeigefinger am Rand der Schüssel entlang und nasche vom festen, cremigen, hellbraunen Teig. Dabei ertappe ich mich dann doch dabei, wie ich mich frage, ob das mit den Bauchschmerzen wohl wahr ist. Probieren geht über studieren. Der Teig ist etwas knusprig, das dürften die kleinen Zuckerstücke sein. Trotzdem ist er cremig und süß, ich könnte die ganze Schüssel essen. Und das, obwohl das Beste ja noch fehlt: die Topings! 300 Gramm weiße und braune Schokolade werden zerhackt und sollen in kleinen Stückchen dem Teig zu seiner Perfektion verhelfen. Zum Schluss noch ein paar gehackte Mandeln und zekleinerten Smarties hinein. Für die bunte Farbe. Sieht das gut aus! Aber war ja klar: Wie sollte der süße Teig unter Zusatz von braunem Gold auch nicht fantastisch aussehen? Ich fühle mich wie die Made im Speck. Jetzt werden mit im Munde zerlaufendem Wasser Rollen aus dem Teig geformt. Etwa zehn Zentimeter lang, mit einem Durchmesser von drei Zentimetern. Pi mal Daumen. Der Teig ist fest genug, um das mit sich machen zu lassen. Sechs Rollen ergeben sich aus dem Teig. Eingerollt werden sie in Frischhaltefolie. Und jetzt? Ab in den Gefrierschrank damit.
„Jingle Bell, Jingle Bell, Jingle Bell rock… und die Cookies auch!“
Eine Stunde und ein paar Weihnachtslieder später nehme ich zwei Rollen aus dem Gefrierschrank. Der inzwischen gehärtete Teig lässt sich problemlos der Folie entnehmen. Die zehn mal drei Zentimeter Schoko-Keks-Traum unterteile ich jetzt in fingerdicke Scheiben. Neben dem Ofen, der sich schon einmal auf stolze 200 Grad bringt, um der Schoko-Keks-Formation gleich so richtig einzuheizen. Die Notwendigkeit des Gefrierschranks wird jetzt übrigens klar: Gefroren lässt sich der Teig viel besser in Scheiben schneiden. Aus den zwei Rollen ergeben sich fast 20 Cookies, die jetzt schön sortiert auf dem mit Backpapier belegten Blech liegen. Das Exemplar mit den meisten Schokostückchen habe ich schon jetzt gesichtet. Er wird der Test-Keks. Einer muss sich ja opfern. Acht Minuten später, die mir bei dem süßen Duft wie eine Ewigkeit vorkommen, liegen die ersten Cookies auf dem Teller und kühlen ab. Im Ofen sind sie noch einmal ein bisschen größer geworden. Wie meine Augen beim zusehen. Ich fühle mich wie ein Hund, der vor seinem Fressnapf sitzt und noch nicht fressen darf. Ich ertaste den ersten halbwegs abgekühlten Cookie. Die Schokostücke und der harte Teig fühlen sich unter meinen Fingern kross an. Die helle Bräune zeigt mir, dass das Backtiming genau richtig war. Acht Minuten. Und dann der Biss in den ersten Cookie: Außen kross. Meine Zähne testen sich weiter voran: Weicher Teig mit knusprigen Schokostücken innen.
Weihnachten kann kommen!
Bessere Cookies habe ich selbst in guten Cafés selten gegessen. Klingt nach Eigenlob? Ich schiebe es ganz bescheiden auf das Rezept, das ich hiermit nicht nur zum besten Cookie-Rezept erkläre, das mir jemals über den Weg gelaufen ist, sondern auch als Lösung in der Geschenkenot. Die Cookies schmecken nämlich nicht nur mir, sie erweisen sich in den nächsten Monaten als Alleskönner. Meine Oma, beste Freundinnen und die Mitarbeiter auf der Arbeit: Damit habe ich sie alle überzeugt. Psssst! Für Weihnachten habe ich jetzt ebenfalls schon die ersten Geschenke in petto. Denn die restlichen Rollen verweilen bis zur Adventszeit im Gefrierschrank. Bei Bedarf nehme ich einfach eine Rolle raus und backe frische Cookies. Zum Verschenken. Oder auch einfach für mich. Eines muss ich dann aber doch noch anfügen: Bauchschmerzen vom Teig hatte ich keine. Höchstens von zu vielen Cookie-Tests im Anschluss. Liebe Mama, das mit dem Teig und den Bauchschmerzen war eine Lüge!