Godot kommt nicht

von Florian Hilf

„Sehen wir uns später noch? So gegen drei?“
„Um drei? – Okay.“

Die Kieselsteine knirschen unter meinen Füßen, als ich durch den Park zum Wasser gehe. Also zum See. Einem See mit akkurat abgegrenzter Uferlinie. Kinder laufen zum Kiosk – ein Eis holen, eine gemischte Tüte kaufen. Daneben die Männer mit den Bierflaschen in der Hand, den Blick zum Stand gegenüber. Der mit den Pommes. Ob ich jetzt auch…? Nein, später vielleicht. Eine große Portion mit dir zusammen. Ja genau.

„Deine blauen Augen machen mich so sentimental“, sang Annette Humpe in den Achtzigern. Deine Augen machen mich nicht sentimental. Wenn ich deine Augen sehe, werde ich ganz ruhig. Aber deine Augen sind ja auch nicht blau.

 

Deine Augen sind grün. So grün wie ich hinter den Ohren, als wir uns kennenlernten. Dein beinahe gütiger und dabei immer aufmerksamer Blick hatte mich sofort gefangen genommen. Dein Gesicht hatte sowas Gelassenes. Hat es auch heute noch.
Doch diese Ruhe, wie ich schnell lernen musste, war nur äußerlich.
Innerlich hast du gebrodelt. Warst unzufrieden mit dir und der Welt – und wolltest nicht, dass irgendjemand das merkt. Hat ja auch fast geklappt. Fast. Ich hab’s gesehen.
Du hast mich mitgerissen und durch die Luft geschleudert. Hast vieles mit großer Energie begonnen, dich reingekniet und andere, naja, zwangsverpflichtet. Bis es dir wieder langweilig wurde. Und uns beiden ganz schwindlig war.

 

Ich habe dich dann langsam wieder herunter gebracht, dich geerdet. Hätte ich damals gewusst, wie anstrengend es mit dir werden würde, wäre ich direkt weitergezogen. Habe ich aber nicht und bin ich dann auch nicht. Habe dir Zeit gegeben, dich an mich zu gewöhnen. Habe mich daran gewöhnt, dass ich mir bei dir nie sicher sein kann. Heute liebe ich dich dafür. Meistens jedenfalls.

 

Wir haben uns gefunden. Jeder sich selbst und wir uns gegenseitig. Auch wenn es nicht immer einfach war und immer wieder schwierig ist. Sehr schwierig. Immer wenn ich zu zweifeln beginne, überraschst du mich aufs Neue. Und manchmal werde ich dann rot. Immer noch. Aber hinter den Ohren grün bin ich schon lange nicht mehr.

 

Mittlerweile ist es fast vier.
Die Bierflaschen der Männer von gegenüber sind mittlerweile leer. Auf den Papptellern kalte Pommes, Reste von Ketchup und Mayonaise.
Die Blätter der Seerose sind so grün wie deine Augen.
Der Wind haucht in den Bäumen.

 

Ich warte.