03.11.2014: Zu Besuch beim Brachiosaurus brancai

von Sebastian Wilhelm

Zwölf Meter über mir.

Und ich bin nichts als ein Zwerg, der seine Nase neidvoll in die Höhe streckte.

Grelles Scheinwerferlicht schien mit entgegen, als ich die Knochen jenes extraordinären Wesens über mich erspähte, welches schon seit Millionen von Jahren tot war. In seiner Größe war jener Fund einzigartig, nirgendwo anders auf der Welt gab es von der Höhe her etwas Vergleichbares.

Brachiosaurus brancai.

Und ich hab ihn mit eigenen Augen gesehen, hautnah, fast schon zum Anfassen nahe. Ich erinnerte mich, dass es das Berliner Naturkundemuseum gewesen sein musste, in welchen der Dinosaurier ausgestellt gewesen war, und dass mein Besuch zu jener Zeit stattgefunden haben muss, nachdem das Museum im Lauf einer zweijährigen Renovierung geschlossen hatte, eine Zeit, in der alle Dinosaurier komplett abgebaut werden mussten, nur um zwei Jahre später an genau derselben Stelle wieder zusammengesetzt zu werden.

Als das Museum seine Tore wieder eröffnete, gab es eine große Neueröffnungswoche. Eben in dieser Woche musste mein Besuch gewesen sein, wie ich mich zurück entsinne. Es war ein großes prunkvolles Gebäude, bestehend aus einer rötlichen alten Backhausfassade. Selbst die Bomben des Zweiten Weltkrieges hatte das Haus überdauert.

Der Brachiosaurus stand an genau derselben Stelle, wie ich ihn auf Fotos schon mal gesehen hatte, jedoch wirkte seine Haltung wesentlich anmutiger und naturbelassener als auf den früheren Abbildungen. Der Grund könnte die Tatsache gewesen sein, dass man den Dinosaurier nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammengesetzt hatte und dass er nun eine andere, wesentlich natürlichere Haltung besaß; wohl kaum so statisch wie das Ungetüm von damals.

Duzende Gedanken kreisten in mir, wie Planeten um einen Stern, als ich den Dinosaurier besucht hatte. 180 Millionen Jahre in ihrer Evolution und sie haben es nicht geschafft, ihr Aussterben zu verhindern. Sie waren bis zu ihrer Auslöschung, die erfolgreichste Tierklasse, die jemals auf Erden umherwanderte.

Der Mensch ist dagegen nichts Weiteres als ein Nanomillimeterchen auf der Erdgeschichtsskala. Es wird sich noch zeigen müssen, wie lange er sich auf der Welt noch halten wird. Doch er sollte sich den Gedanken hingeben, dass uns die Evolutionsgeschichte immer eins vor Augen gehalten hatte, und zwar, dass keine Art ewig lebt. Mit Sicherheit werden wir nicht die erste Spezies sein, die mit dieser Regel bricht. Heute brauchen wir nicht Mal einen Kometen, um uns auszulöschen.

Wir haben unsere eigenen Kometen bereits auf der Erde.