04.05.2015: Hip Hip Hurra, der Mai ist da!

Warum tanzen wir mit den Hexen in den Mai oder ziehen einen schweren Bollerwagen beim Wandern hinter uns her? Die Wortmeldung gibt Auskunft!

Von Natalie Meyer

Nach einem sehr abwechslungsreichen April, der uns immer wieder mit warmen Sonnenstrahlen aber auch (typisch Siegen) mit Regen quälte, ist es schön, endlich die Sonne und den Wonnemonat Mai zu begrüßen. Und wie wurde er eingeleitet? Wie immer mit viel Alkohol und Wandern. Je nach Region mit „Tanz in den Mai“ oder mit „Hexennacht“ oder – wie in meiner Heimat – mit dem traditionellen „Dämmerschoppen“ (Schoppen=Wein) bei der dörflichen Feuerwehr. Im Ruhr- und Rheingebiet gibt es zudem den Brauch einen Maibaum aufzustellen oder – ganz romantisch – den Damen des Herzens einen „Maikranz“ an die Tür zu hängen.

Aber warum wandert man eigentlich am „Tag der Arbeit“? Mein 78-jähriger Großvater bezeichnet das Wandern am ersten Mai als „urdeutsches Ding“, das auch schon seine Eltern getan hätten. Handelt es sich bei dem Wandern am 1. Mai also wirklich um eine urdeutsche Tradition? Ergebnisse einer Recherche:

Das Feiern des ersten Mais stammt bereits aus dem Mittelalter. Dort hatte es wohl eine ähnliche Bedeutung wie die Mittsommernachtswende : Das Begrüßen des Frühlings als neue Jahreszeit. Im Rahmen der Inquisitionen und Hexenverfolgungen verfiel der 30. April immer mehr zur „Hexennacht“.Hier kann ich mich als Literaturstudentin nicht zurückhalten und muss unwillkürlich an Goethes Faust denken, hat er doch den Begriff der Walpurgisnacht durch seine Interpretation grundlegend geprägt und verändert. Mal kommt es zum wilden sexuellen Vergnügen zwischen Mephisto und Faust, mal gehen die beiden in eine Disko – die Auslegungen auf der Theaterbühne sind zahlreich. Und dann der Höhepunkt: Adams erste Frau Lilith taucht auf. Aber ist in Goethes Darstellung nicht auch schon ein maßloses, zügelloses Feiern zu sehen?

In den letzten Jahren hat sich bei „jungen Leuten“ (eine Altersbegrenzung soll hier nicht festgelegt werden – Hugh Hefner oder Robert Geiß fühlen sich schließlich auch noch „jung“) mehr und mehr das Wandern mit Bollerwagen, schwerer Musikanlage und jeder Menge Alkohol immer mehr durchgesetzt. Laut Wikipedia stammt diese Tradition aus Norddeutschland und Osthessen und wird vor allem in ländlichen Regionen durchgeführt – weil es da nichts Besseres zu tun gibt?

Nein. Neben dem Wandern und Feiern gibt es schließlich – vor allem in den Großstädten des Landes – jede Menge Demonstrationen und Kundgebungen. Der „Tag der Arbeit“ diente ursprünglich schließlich den Gewerkschaften – um für ihre Rechte einzutreten oder mit den Genossen beziehungsweise Kollegen gemeinschaftlich wandern zu gehen. Anfang der 1880er Jahren streikten erstmals Gewerkschaftsangehörige in den Vereinigten Staaten von Amerika, um die Einführung des Acht-Stunden-Tages einzuführen, sodass gegen Ende der 1880er auch im Deutschen Kaiserreich, in Frankreich und in anderen Teilen Europas der erste Mai zum Anlass für arbeitspolitische Forderungen wurde.

Also kann man guten Gewissens am ersten Mai das ein oder andere Bier darauf trinken, was im Zuge der Arbeiterbewegung über die Jahrhunderte geleistet wurde – und darauf, dass man getrost wandern gehen kann, während in einigen Großstädten das Chaos am ersten Mai regiert. So bleibt mir zum Schluss nur noch zu hoffen, dass der Mai 2015 uns nicht nur aufgrund seiner vielen Feiertage in guter Erinnerung bleibt, sondern auch durch sonniges Wetter, hitzige Gemüter und gemütliche Wanderungen.