von Christoph Ernst
Im November 1993 feierten die Ultimate Fighting Championships (kurz: UFC) in Denver, Colorado ihr Debüt. Insgesamt acht Kämpfer traten an, um an diesem Abend den Titel des „Ultimate Fighters“ zu erkämpfen. Im Turnierformat traten die Teilnehmer, jeder ein Meister in seiner Kampfkunst, sei es Kickboxen, Karate, Jiu-Jitsu, Boxen oder Sumo-Ringen, gegeneinander an, um herauszufinden, welche der Stile sich durchsetzten werde. Dem Gewinner winkten 50.000 US-Dollar Preisgeld. Die Kämpfe fanden in einem achteckigen Käfig statt und wurden nach dem no-holds-barred-Prinzip (deutsch etwa: alle Mittel erlaubt) ausgetragen. Dabei gab es keine Regeln, Gewichtsklassen, Runden, Zeitbeschränkungen oder Kampfrichter, denn Kämpfe konnten nur durch K.O. oder Aufgabe eines Teilnehmers beendet werden. Die Premiere der Show wurde live via Pay-per-View übertragen. Im Eröffnungskampf, der nur 26 Sekunden dauerte, trat der knapp 90kg schwere Kickboxer Gerard Gordeau gegen den mit 188kg mehr als doppelt so schweren Sumo-Ringer Teila Tuli an. Als einer von Tulis Zähnen aufgrund eines Kicks von Gordeau auf dem Tisch der Kommentatoren landete, fiel es diesen sichtlich schwer ihren Schock zu verbergen. Mit ihnen waren rund 86.000 TV-Zuschauer Zeuge der brutalen und schokierenden ersten Minuten dieses verrückten neuen Konzepts. Letztendlich setzte sich Royce Gracie, ein knapp 1,70m großer und 70kg schwerer Brasilianer, gegen übermächtig erscheinende Konkurrenz durch und gewann mit seinem auf Bodenkampf und Haltegriffen ausgelegten brasilianischen Jiu-Jitsu das Turnier.
Seit dem November 1993 hat sich der Sport, der heute den Namen „Mixed Martial Arts“ trägt, enorm weiterentwickelt. Die UFC gibt es immer noch, doch ein umfangreicher Regelkatalog schreibt nun vor, was erlaubt ist. In den USA erzielt „The fastest growing sport in the world“ seit Jahren höhere Einschaltquoten, als Boxen und die Live-Events werden mittlerweile auf dem Sender FOX im Fernsehen übertragen. Ende Mai fand das dritte UFC-Event in Deutschland statt. In der O2-World in Berlin waren 8.000 Kampfsportfans anwesend. Leider gibt es in Deutschland keinen Übertragungspartner fürs Fernsehen und somit erreichte die „UFC Fight Night 41“ kein breites Publikum. Generell ist Mixed Martial Arts in Deutschland umstritten. In den Medien wird oft ein verzerrtes Bild präsentiert. Oft ist die Rede von einem wilden Käfigkampf ohne Regeln bei dem sich asoziale Kneipenschläger die Schädel einhauen. Doch viel hat sich in den letzten 21 Jahren geändert. Der Sport wird in den USA von staatlichen Sportbehörden, den sogenannten „Athletic Commissions“, überwacht. Es gibt feste Rundenzeiten und selbstverständlich auch staatliche Punktrichter die bei Ablauf der Kampfzeit einen Sieger küren. Es sind immer mehrere Ärzte zugegen und die Ringrichter sind gut geschult und dürfen Kämpfe jederzeit beenden. Die Regeln untersagen jegliche Tritte zu am Boden liegenden Gegern, Schläge und Tritte gegen Hinterkopf und Wirbelsäule, Tiefschläge, Kopfnüsse, nach unten gerichtete Ellbogenschläge usw. Die UFC-Kämpfer sind professionelle Athleten, die mit dem Sport ihren Lebensunterhalt bestreiten. Nicht selten sind ehemalige Medaillengewinner bei Olympischen Spielen oder Weltmeister in bestimmten Disziplinen in der UFC vertreten. So nennt z.B. die amtierende Bantamgewichts-Titelträgerin, Ronda Rousey, eine Bronzemedaille im Judo von den Olympischen Spielen 2008 in Peking ihr Eigen.
Am vergangene Wochenenden fanden in Las Vegas zum ersten Mal zwei UFC-Events an einem Abend statt (UFC 175 und das Finale der 19. Staffel der Reality-Serie „The Ultimate Fighter“). Unter anderem trat auch Ronda Rousey zu einer weiteren Verteidigung ihres Gürtels an.
Mit den archaischen ersten Shows haben die Ultimate Fighting Championships von heute nichts mehr zu tun. Aus den wilden und unorganisierten Turnieren hat sich ein hochprofessioneller Sport entwickelt der kontinuierlich wächst. Leider werden der Sportart in den Medien oft Elemente zugeschrieben, die seit Jahren antiquiert sind. Alle Interessierten bzw. Gegner des Sports sollten sich zumindest eine UFC-Show selbst angeschaut haben, um sich ein Urteil zu bilden zu und zu sehen, das keine „Wilden“ im Ring stehen, die meisten Kämpfe von Taktik geprägt sind und Blut wirklich nur in seltenen Ausnahmefällen fließt.