Café Extrablatt

von Laura Schönwies

Als Lokaljournalisten haben wir die Speisekarte der Siegener Ausgabe durchgeblättert und natürlich auch getestet.

Foto Extrablatt

Menschen mit Einkaufstüten drängeln sich hektisch zwischen den anderen voll bepackten Passanten hindurch: So kennt man das Bild rund um die City-Galerie, das sich bis in die Bahnhofsstraße zieht. Doch wenn den eifrigen Shopper zwischen all den Schnäppchen der Hunger packt, gibt es einen Ort, um diesem Trubel zu entfliehen: das Café Extrablatt. Es gehört zu einer Kette mit 67 Filialen in Deutschland.

Kaum betritt man das geräumige Café, scheint man eine Schleuse passiert zu haben. Den Rummel lässt man zurück und das trübe Wetter ist plötzlich bei den vielen kleinen Lampen an der Decke und den großen Lichterkränzen, deren Schein in den zahlreichen Spiegeln reflektiert wird, ganz vergessen. Die lange Theke sowie die Werbeschilder aus Blech lassen amerikanisches Flair aufsteigen. Marilyn Monroe lächelt von den Säulen herab und auch die Bedienung ist freundlich. Die gepolsterten Barhocker, welche direkt an den verspiegelten Säulen um die hohen Tischen herum stehen, sind sehr bequem. Die Hungrigen werden schnell von der Bedienung entdeckt, die sich schon einmal deren Getränkewünsche aufgeben lässt. Nach dieser kurzen Zeit schafft es vermutlich kein Gast, sämtliche Karten, die sich auf dem kleinen Tisch stapeln, zu studieren. Die umfassendste Karte erinnert in ihrer Gestaltung an eine Zeitung, eben das „Extrablatt“. Es gibt darin drei Suppen zur Auswahl: Tomatensuppe (3,95 €), Gulaschsuppe (4,50 €) und Käsesuppe (4,25 €).

Die Bedienung bleibt gelassen, selbst wenn sie mehrmals wieder weg geschickt wird, weil man sich bei all den anderen Angeboten einfach nicht entscheiden konnte. Schließlich darf es bei der Getränkebestellung eine Coca-Cola (0,2 l für 2,30 €), der trockene Rotwein Merlot aus dem Friaul für 3,95 Euro und ein alkoholfreies Krombacher (0,3 l für 2,60 €) sein. Die Coca-Cola und das alkoholfreie Krombacher erhalten einen Pluspunkt, weil sie angenehm gekühlt sind. Der Merlot weist allerdings eine säuerliche Note im Abgang auf.  Nun wird es aber Zeit für das Essen! Bei einem Blick in die Speisekarte fallen bei näherer Betrachtung die kleinen Zahlen auf, welche die Zusatzstoffe markieren; aber wo findet sich aber eigentlich die Liste mit den dazugehörigen Bedeutungen? Zumindest nicht auf der Kuchenkarte, die jedoch eine andere Überraschung bereit hält. Auf Nachfrage wendet die Bedienung diese einmal und zu dem ohnehin vielfältigen Angebot kommen auch noch Schnitzel und Wraps dazu. Wer hätte diese kulinarisch zu den Kuchen gezählt?!

Los geht es jedenfalls mit der Tomatensuppe als Vorspeise mit Sahnehäubchen und Pizzabrötchen, danach als Hauptgang das Champignonrahmschnitzel für 8,45 Euro mit Pommes und Salat. Die nächste Vorspeise ist die Käsesuppe mit Paprika, Hackfleisch und ebenfalls Pizzabrötchen. Außerdem soll eine Pizza Fajita für (6,45 €) undRechnung_extrablatt dazu ein gemischter Salat mit Mangodressing für 2,95 Euro serviert werden. Um die Bestellung der Suppen komplett zu machen, gehört noch die Gulaschsuppe dazu. Die dritte Bestellung beinhaltet als Hauptgang den Caesar Wrap für 5,95 Euro mit gegrillter Hähnchenbrust, getrockneten Tomaten und Parmesan. Während der zwanzigminütigen Wartezeit wandert der Blick über die flackernden Bildschirme. Um den journalistischen Charakter des Extrablatts zu unterstreichen, läuft n-tv über die Flatscreens. Die Bilder der Kanzlerin, die im Bundestag eine Rede hält, passen nicht zu der Britney-Spears-Musik, die derweil im Café dudelt.

Das angekündigte Sahnehäubchen auf der Tomatensuppe hat nicht zu viel versprochen: Es thront auf einer Untertasse mitten auf der Suppenschüssel. Die Suppe darunter kann sich ebenfalls sehen und schmecken lassen. Dicke Tomatenstückchen zeigen, wie das rote Gemüse vor kurzem erst grob püriert worden ist. Hierbei handelt es sich nicht um einen cremigen, glatten Einheitsbrei. Punkt für das Extrablatt! Sie ist deftig gewürzt, allerdings auch etwas säuerlich und scharf. Also: Taschentuch bereithalten! In der Käsesuppe ist das Hackfleisch in zerbröselter Form zu löffeln. An der Paprikaeinlage wurde nicht gespart, doch diese ist sicher nicht für den übertriebenen zitronensauren Beiklang beim Aroma verantwortlich. Ganz anders sieht es bei der Gulaschsuppe aus. Diese enthält kaum Gemüse, nur ein wenig Paprika lässt sich herausfischen. Dafür ist eine ordentliche Menge Fleisch enthalten, von dem aber nicht alle Stückchen genießbar sind: Teilweise ist der Fettrand einfach zu dick.

Nach der deftigen Vorspeise, die aber durchaus noch Platz für das Hauptgericht lässt, wird das Champignonrahmschnitzel serviert. Die Pilze sind locker darüber geschnitten. Das war eine gute Entscheidung des Koches, denn sonst wären sie in der etwas pampigen Soße untergegangen. Zudem ist die Soße noch nicht einmal richtig warm. Alles in allem erinnert die Beilage auch weniger an breite amerikanische Pommes Frites, die noch die Kartoffel erkennen lassen, sondern eher an McDonald’s-Pommes.

Das Pizza Fajita punktet dagegen mit einem selbst gebackenen Boden und einem ungewöhnlichen Belag aus Hähnchenbrust, BBQ-Sauce und Sauce Hollandaise. Das Mango-Dressing entpuppt sich als gute Wahl bei der Kombination mit dem gemischten Salat. Da die Sauce Hollandaise den Pizzakäse ersetzt und rote Zwiebeln die grilltypisch gewürzten Chicken-Streifen ebenso begleiten wie den gemischten Salat, ergibt sich ein süßlich-mildscharfer Grundton. Was zunächst – zumal auf einer Pizza – nicht zusammenzupassen scheint, ergänzt einander perfekt.

Während man Pizza nicht nur als Fingerfood, sondern auch mit Messer und Gabel zu sich nimmt, befürchtet man bei einem Wrap, dass Fleisch und Soße unten herausquellen, wenn man oben herzhaft hineinbeißt – nicht so aber im Café Extrablatt! Hier wird der Wrap mittig durchgeschnitten serviert und muss mit Messer und Gabel verspeist werden. Dabei ist er aus keinem klebrigen Teig gebacken und würde so nicht übermäßig an den Fingern hängen bleiben. Die Teigrolle ist großzügig gefüllt. Für die Extraportion Frische sorgt der knackige Salat. Er ist ein willkommener Ausgleich zur würzigen Hähnchenbrust und den obendrein gesalzenen Tomaten.

Nach Pizza, Schnitzel und Suppe darf es trotzdem noch eine Kleinigkeit hinterher sein. Ein Espresso für 2,15 Euro. Doch wo ist der Zucker? Dafür muss erst ein Streuer vom Nachbartisch stibitzt werden. Auf das Versüßen sollte man nicht verzichten, denn der Espresso ist relativ stark. Ganz klassisch bietet das Extrablatt als Abrundung auch die Kugel Eis an. Die große Portion gibt es für 1,20 Euro. In der Schokokugel steckt ein großes Waffelhörnchen. Wozu soll das gut sein? Schließlich löffelt man seine Eiscreme aus einer Schale und steckt die Kugel nicht mehr auf die Waffel drauf. Eine überflüssige Beilage, die verschmäht wird und wieder zurückgeht!

Wenn man nach dem guten Essen speziell für kleine Mädchen muss, sei hier noch ein Tipp an alle Leserinnen gerichtet: Im Café Extrablatt gibt es die angeblich bundesweite einzige Kommunikations-Toilette. An der Tür zur langen Kabine ist zu lesen: „Für dich und deine beste Freundin“. Darin stehen sich zwei Klosetts gegenüber, die nur durch eine Klapptür getrennt sind. So lässt es sich beim Erledigen wichtiger Geschäfte noch entspannt plaudern.

Die Liste mit den Zusatzstoffen ließ sich zu Ende des Besuches im Extrablatt noch zufällig entdecken. Allerdings ist diese nur mit Brille oder Adleraugen zu lesen. Dennoch kann man sich guten Gewissens und gestärkt wieder in das Getümmel vor der Tür stürzen.
Café Extrablatt
Bahnhofsstraße 4
57072 Siegen

Öffnungszeiten:
So-Do 8.00-1.00
Fr, Sa 8.00-3.00