von Minou Wallesch
Letzte Woche brachte das Projekttehater der Uni Siegen „Pyramus und Thisbe“ auf die Bühne im Lyz. Minou Wallesch war da und hat sich für euch eine Aufführung angeschaut. Ihr Fazit: Gut gespielt, aber das Stück … Naja.
Das Projekttheater der Uni Siegen unter der Leitung von André Barz inszenierte in diesen Tagen das Theaterstück Pyramus und Thisbe. Angelehnt an die Barockkomödie von Andreas Gryphius Absurda Comica oder Herr Peter Squenz spielen Siegener Studierende ein Schauspiel in einem Schauspiel in einem Schauspiel. Die Darsteller sind schon auf der Bühne, als das Publikum Platz nimmt, es wird der Anfang einer Theaterprobe inszeniert. Wer bekommt welche Rolle? Wer kann was am besten spielen? Wie können die Charaktere dargestellt werden? Die Requisiten zur Erkennung sind schnell gefunden. Der Schmied bekommt ein Banner mit der Aufschrift „Orlando Bloom“ und der Löwe eines mit „Der König der …“ Doch diese Ideen werden abgelehnt, die Rollen noch einmal anders verteilt und dann leert sich die Bühne wieder.
Gesprochen wird nach dieser ersten Szene nur noch wenig. Die Schauspieler – jetzt in altertümlichen Handwerker-Kostümen – üben sich in Pantomime. Still proben sie ihre Rollen, bereiten sich auf die Probe vor. Zu den Handwerkern kommt die Regie, so auf dem Hut zu lesen, auf die Bühne. Es ist Squenz, der Zimmermann (Jule Erler). Er erklärt, dass ein Theaterstück, namentlich Pyramus und Thisbe, für das Herzogenpaar aufgeführt werden soll. Nun werden wieder Rollen verteilt. Ein etwas zäher Vorgang, nachdem in der Anfangssequenz ebenfalls Rollen verteilt wurden. Wieder wird wenig gesprochen.
Es zieht sich
Squenz, der Zimmermann, führt Regie, Schnock, der Schreiner, (Naima Saleh) wird der Löwe, Schlucker, der Schneider, (Greta Ksivickaite) stellt den Mond dar. Die Wand wird von Schnauz, dem Kesselflicker (Matthias Biermann) verkörpert. Den wortreichsten Part übernimmt der übermotivierte Weber Zettel, gespielt von Christine Schneider, die die aufmüpfige, etwas nervige Art des Webers sehr glaubwürdig auf die Bühne bringt. Die Rolle der Thisbe fällt Flaut, dem Bälgenflicker, zu. Gespielt wird Flaut/Thisbe von Oliver Pfaff, der mit überzogen hoher Fistelstimme aus Thisbe ein naives Frauchen macht.
Nachdem sich die Bühne wieder geleert hat, kommen zwei Personen zurück. Eine unter einem weißen Laken, die andere unter einer Plastiktonne versteckt. Auf die Bühnenwand wird eine Szene im Wald projiziert. Die Einspieler, die des Öfteren in diesem Stück eingesetzt werden, sind mit Humor gespielt und rufen einige Lacher im Publikum hervor. Nach jeder Filmsequenz kommt die eben gezeigte Figur auf die Bühne. Tonne und Laken stehen währenddessen unnütz auf der Bühne herum. Die Handwerker sammeln sich zur Theaterprobe – insgesamt eine etwas langwierige Prozedur, die durch die humorvollen Einspieler allerdings wieder wettgemacht wird. Es folgt eine lange Diskussion über die korrekte Umsetzung von Pyramus und Thisbe. Der Tod von Pyramus und der Löwe seien zu grausam für die Frauen im Publikum. Durch erklärende Monologe müsse die Brutalität des Spieles abgemildert werden. Beschlossene Sache, die Monologe für den Löwen und Pyramus Tod werden geschrieben. Auch die Wand müsse erklärt werden, schließlich könne nicht jeder den mit Lehm und Mörtel beschmierten Kesselflicker als Wand identifizieren. Nach dieser langen Diskussion fällt auf, dass noch Rollen unbesetzt sind. Kurzerhand werden die Souffleuse/Regieassistenz (Hanna Giebler) und ein Mann aus dem Publikum (Crauss) für die Rollen der Herzogin und des Herzogs ausgewählt. Dann ist Pause. Schließlich müssen sie ihre Rollen noch mit den Laienschauspielern einstudieren.
Stück steigert sich zum Ende
Eine Entscheidung, die das Stück wirklich gewinnen lässt. Die „Publikumsjoker“ lesen zwar ab, integrieren sich aber außerordentlich gut ins Spiel. Während der Aufführung von Pyramus und Thisbe kommentieren sie Schauspielleistung und Bühnenbild, machen sich lustig und greifen ins Geschehen ein, wenn es ihnen zu langweilig wird. Als Pyramus schimpft „Thisbe, die seh’ ich nicht, du böse Wand“, scheint meiner Sitznachbarin ein Licht aufzugehen: „Ich glaub, das ist eine Satire.“
Nach der Pause wird es deutlich kurzweiliger und lustiger. Der zähe Anfang der Inszenierung steigert sich zu einer kurzweiligen Satire. Einige Einfälle zur Inszenierung des Stückes sind gelungen. Der Mond beispielsweise wird durch den Schneider in einem riesigen Ikea-Lampion dargestellt. Und als der Löwe dann endlich den Stecker einsteckt, leuchtet er auf. Wenn Pyramus der Wand beim Sprechen auf die Finger spuckt und Thisbe auf der falschen Seite der Bühne rumtänzelt, wirkt das Publikum doch recht begeistert. Zusammen mit den kreativen Einspielern und dem Einbeziehen des Publikums an einigen Stellen kann man den Einfällen wirklich nur ein Lob aussprechen. Allerdings hakt es etwas an der oft sehr langwierigen Umsetzung. Die radikale Kürzung einiger Szenen hätte dem Stück sicherlich gutgetan.
Auch wenn die 14. Inszenierung des Projekttheaters unter dem im Programm angekündigten Motto lief, wie man eigentlich richtig Theater spiele, und man deshalb so etwas hätte erwarten können, kann diesem Stück sicher nicht jeder etwas abgewinnen. Die zähen Anfangsszenen tragen mehr zur Verwirrung und Langeweile bei, statt den Zuschauer zu unterhalten. Je weiter das Stück fortschreitet, desto klarer wird allerdings die Intention dahinter. Und man muss wirklich sagen: Das Schauspiel krankt nicht an schlechten Darstellern. Dennoch kommt keine rechte Begeisterung auf. Der Applaus am Ende ist deshalb auch nur kurz und recht verhalten.