Rezension von Michael Fassel
Zuweilen kann ein Folge-Roman aus einer Krimi-Reihe reizvoll sein, wenn man ihn unabhängig von seinen Vorgängern liest. So auch bei Beate Maxians Tod in der Kaisergruft, dem achten, in sich abgeschlossenen Kriminalroman der Sarah-Pauli-Reihe, jener Protagonistin, die sich mit dem Know-How einer Journalistin ganz nah an die Fälle heranwagt. So auch im Fall um den rätselhaften Mord zweier Menschen in der Kaisergruft.
Auf den ersten Blick wirkt es gespenstisch, wenn ein Mann zwei andere Menschen in einer Gruft erschießt, noch dazu in einer ebenso historisch wie symbolisch aufgeladenen Stätte wie der Wiener Kaisergruft, Ruhestätte zahlreicher österreichischer Monarchen. Unter den Opfern sind die berühmte Wiener Modezarin Christa Schönegg-Bach und ein unbekannter Mann. Insbesondere die Frage nach dem Warum beschäftigt ebenso die Journalistin Sarah Pauli wie das Lesepublikum von Anfang an.
Schon auf den ersten Seiten brodelt es, wenn auch zunächst in der Luft. Wien ächzt unter heißen Sommertagen, wartet auf das Gewitter. Vor dieser atmosphärisch dichten Drohkulisse erzählt Beate Maxian von dem Schreckensszenario, das sich in der Kaisergruft ereignet und entfaltet drei verschiedene Handlungsstränge, in denen das Lesepublikum hin und wieder auf falsche Fährten gelockt wird. Doch so abwechslungsreich die Perspektivwechsel und die unterschiedlichen Figuren auch dargestellt werden, gelingt es der österreichischen Autorin nicht, die Spannung konstant auf einem steigenden Niveau zu halten. Einblicke in Sarahs Privatleben mögen zwar einen anderen Fokus setzen und die Figur aus einem anderen Blickwinkel betrachten, jedoch leidet die Spannungskurve unter derartigen Exkursen. Zum Durchatmen gut und vielleicht auch ein Fan-Service für das eingefleischte Sarah-Pauli-Publikum. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Mörder sich nach der Tat selbst erschießt. Und dies ist kein Spoiler, verrät der Buchrückentext doch bereits, dass wir mit dem Mörder Patrick keine direkte Bekanntschaft machen. Sein Leben wird durch Erzählungen, etwa von seiner Mutter, zwar näher gebracht und häppchenweise rekonstruiert, das Potenzial aber dieses vielschichtigen und interessantesten Charakters im gesamten Figurenkarussell hätte durch sein Überleben noch anschaulicher ausdifferenziert werden können. Zudem bricht mit dem Tod des Mörders eine Bedrohung weg, die dem Krimi noch weitere Schärfe verliehen hätte.
Insgesamt besticht der Roman durch die Figurenzeichnung, für die sich Beate Maxian viel Zeit nimmt sowie durch die abwechslungsreichen Handlungsstränge. Die atmosphärische Dichte und die präzisen Ortsbeschreibungen der österreichischen Hauptstadt machen Lust auf Wien. Doch das genretypische Potenzial des Kriminalromans wird stellenweise verschenkt. Eine angenehme Sommerlektüre mit Schönheitsfehlern.