Morgenröthe

Eine Gastrokritik von Christian Schütte

Lohnt sich ein Ausflug nach Siegen-Niederschelden, wo ein Restaurant mit dem lyrisch-idyllischen Namen „Zur Morgenröthe“ lockt? Wir haben den Versuch gemacht.

Die „Morgenröthe“ liegt in einer Straße namens „Talblick“. Und dort aus schaut der Gast bei klarer Sicht nicht nur ins Siegtal, sondern über Niederschelden hinaus bis nach Rheinland-Pfalz hinein. Im Sommer kann man auf der Terrasse nicht nur den Siegtalblick genießen, sondern um ein Karree herum den Abend an einer offenen Feuerstelle ausklingen lassen.

Schlicht und gepflegt präsentiert sich die „Morgenröthe“ im Inneren: dezente Beleuchtung, Holzdielenboden, echte Rose auf dem Tisch. Am Ende des Raumes prangt an der Wand eine überlebensgroße Portion Spaghetti mit Basilikum und Tomate, farbenfroh fotografiert. Alles in allem sitzt man bequem. Die Gespräche am Nachbartisch sind gut zu verstehen, nicht direkt lehrreich, aber auch nicht beschämend. Störend ist eher die Kaffeemaschine, die am Ende des Gastraumes neben dem Kücheneingang vor sich hin kreischt und röchelt. Generell ein gastronomisches Problem – mit einem Gerät, das schallgedämpft Latte Macchiato herstellte, ließen sich bestimmt Millionen verdienen.

Rechnung MorgenrötheAuffällig breit ist das Spektrum der Speisekarte: Neben kostenintensiven Fisch- und Steakvarianten am einen Ende gibt es auch Pizza und Pasta für den schmaleren, wenngleich nicht kränklich dürren Geldbeutel. Einen guten Ruf genießt in der Region vor allem die Schnitzel-Kompetenz der Küche in der „Morgenröthe“.

So fällt meine Wahl auf ein Walliser Schnitzel mit Zwiebeln, Bergkäse, Speck, Pommes Frites und Salat (13,50 €). Vorab grüßt die Küche mit Baguette samt Frühlingsquark, und nach weniger als einer halben Stunde steht schon die Hauptspeise auf dem Tisch. Und diese ist mehr als erfreulich: Das Schweineschnitzel konnte gewiss kürzlich noch durch den Stall toben und wird nun von mild gedünsteten Zwiebeln und einer behutsam gebratenen, hauchdünnen Scheibe Speck zusätzlich aufgewertet. Auch beim Bergkäse hat die Küche alles richtig gemacht: Was oft versehentlich überbräunt am Schnitzel klebt, ist hier gerade mal ein wenig zerlaufen und trägt so schmackhaft zum gelungenen Gesamteindruck bei. An unserem Tisch kommen die Kalbsschnitzel mit Spargel ebenfalls gut an.

Die Bedienung ist flink und, nun ja, professionell freundlich – jedenfalls über dem Siegerländer Durchschnitt. Schon nach einer Stunde sitzt man satt vor seinem fruchtig-beerigen Schnäpschen und einem intensiven Espresso (mit braunem Zucker), dem man seine lautstarke Zubereitung gern verzeiht.

Lohnt sich also der Weg bis nach Siegen-Niederschelden, wo doch in der Siegener Unterstadt kulinarischer Durchschnitt zur Sättigung zur Verfügung steht? Klare Antwort: Aber hallo! Wenn sich Inhaber Guido auf seiner Homepage „Neuerfinder der einfachen Küche“ rühmt, stimmt der Gast in diesen Lobgesang gern ein.
Restaurant Morgenröthe
Talblick 15
57080 Siegen-Niederschelden

11.00 – 14.00 Uhr
17.30 – 24.00 Uhr
Ruhetag: Montag & Samstagmittag