von Johannes Herbst
Tief eingesunken hängt man in der Couch, macht es sich noch einmal richtig gemütlich. Eventuelle Katerleiden, die von übermäßigem Partykonsum in der Nacht zuvor herrühren könnten, sind schon so gut wie auskuriert. Auf dem TV-Bildschirm läuft ausnahmsweise mal etwas Sehenswertes, für das man sogar die Werbepausen in Kauf nimmt, oder die Lieblingsserie ist schon auf dem Laptop vorgestreamt. Das Essen hat bereits geschmeckt, ob selbst zubereiteter Braten mit Klöße oder Kostbarkeiten vom Lieferservice deines Vertrauen. Man ist satt und zufrieden. Es ist Sonntagabend, alles scheint gut. Doch irgendwas stimmt da nicht, ein ungutes Gefühl mischt sich unter die Entspannung, ein leichtes Ziehen und Drücken wird im Hinterkopf spürbar. Es sitzt dir im Nacken, du hast es fast ausgeblendet, doch es ist unausweichlich. Der Montag kommt.
Freitags hieß es noch auf geht’s, ab geht’s, drei Tage wach, Montags heißt es nur noch aufstehen, anziehen, ein Tag lang schlaff. Wie es damals im Kindergarten war, kann ich nicht mehr genau sagen, aber ausschlafen war mir auch schon vor meinen Schulzeiten lieber als das zwar einfühlsame, aber dennoch bestimmte Gewecktwerden durch meine Oma. Die Erinnerung an die Montagmorgen in meinen Tagen als mehr oder minder fleißiger Schulbankdrücker sind noch nicht ganz verblasst und werden von den überlebenden Gehirnzellen weiter festgehalten. Trotz Teenageralter ging es in der Früh nicht alleine raus, ohne „Weckdienst“ hätte ich mich definitiv für das Bett und nicht den Plastikschalenstuhl im Klassenzimmer entschieden. In den Phasen des Abiturs wurde doch mehr Selbstständigkeit gefordert und nicht ohne Grund behauptete meine Kunstlehrerin, die mich fast jeden zweiten Montag als fehlend eintragen musste, dass ich so sicher nicht weitermachen könne. Ich hielt es zwar für unmöglich, doch sie sollte Recht behalten. Nach der sauberen T2 Musterung ging es zum Zivildienst. 7:00 in der Reha-Klinik – der Erste, der zur Frühschicht in unserem Aufenthaltsraum aufkreuzte, nahm das Betriebstelefon zur Hand und machte einen Kontrollanruf, ob ich denn schon auf dem Weg sei. Mein Mitbewohner war im Gegensatz zu meiner Großmutter ein schlechter Wecker und das mit dem alleine Aufstehen musste ich anscheinend noch üben. Shame on me.
Richtig kritisch wurde es in meiner Zeit als unterbezahlte Fabrikkraft, die acht Stunden in maschinell getakteter Frequenz die drei gleichen Handbewegungen ausführen musste. Hier gab es nicht nur eine Stechkarte, sondern auch einen groben Russlanddeutschen, den ich mit meiner Ablöse an der Maschine in den Feierabend schickte. Spät- und Nachtsichten waren montags zwar kein Spaß, aber die Frühschicht war ein Gegner, den ich nur mit drei Weckern oder ohne Schlaf bezwingen konnte. Fast immer konnte ich den Kampf aber für mich entscheiden, wobei Kampf hier keineswegs nur metaphorisch zu verstehen ist.
Dann kam die Erlösung, dachte ich. Studieren, montags die Kurse erst in den Nachmittag legen, sich seinen eigenen Zeitplan gestalten. Und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es als Student durchaus entspannter in die Woche geht. Schließlich kann es einem ja nicht so schlecht gehen, wenn man in seiner Wortmeldung nur garfieldmäßig auf den Montag schimpfen kann. Sich hier noch zu beschweren wäre purer Hohn an die restliche Arbeiterschaft. Doch das Wochenende ist trotzdem vorbei, auch im Studium hat man irgendwann einen Job, einen Job mit Kollegen, die einem wie so oft, die Arbeit unnötig schwer machen, in der Uni trifft man auf Gesichter in die man lieber nicht blicken würde. Selbst als Student sitze oder liege ich Sonntagabends in meiner WG, entspannt, alles in bester Ordnung und dann, plötzlich, bekomme ich so ein Ziehen und Drücken im Hinterkopf.
„It’s just another manic Monday
I wish it was Sunday
‚Cause that’s my funday
My I don’t have to runday It’s just another manic Monday“
-The Bangles
mini Autobiographie……erklärt einiges, schön zu lesen