– von Anna Sebastian
Die Thematik „Flüchtlinge“ ist vor allem in den Medien präsenter als je zuvor. Lange Zeit hatte ich mit der medialen Berichterstattung meine Probleme. Sie ist nach wie vor stark selektiert, dennoch ist ein Trend hin zu positiveren und umfassenderen Meldungen zu beobachten, den ich sehr begrüße. Vor wenigen Wochen zeichnete sich diesbezüglich noch ein gänzlich anderes Bild. Ich bin sicherlich sehr weit davon entfernt, als Experte zu gelten. Mein Wissen speist sich aus eben jenen Medien und dem Gespräch mit Bekannten. Zugegeben, bin ich äußerst schlecht informiert. Kaum auszudenken, wie es bei vielen anderen aussieht. Vor einigen Wochen fragte ich meinen besten Freund – er arbeitet seit Monaten ehrenamtlich in einem Flüchtlingswohnheim -, warum man in den Medien nur überwiegend negative Berichterstattung findet, wie beispielsweise über Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und den damit verbundenen Fremdenhass. Seine ernüchternde Antwort lautete, dass es nur wenig Positives – das direkt mit der Asylproblematik zusammenhing – zu berichten gebe. Nach wie vor liegt die Zahl der Abschiebungen weit über der des tatsächlich gestattetem Asyl. Von wirklichen Integrationsversuchen kann kaum eine Rede sein. Gleichzeitig richtet sich Berichterstattung nach der Öffentlichkeit. Deutschland sei zu voll und man könne ja nicht jeden aufnehmen, das ist es was viele empfinden und demnach auch hören möchten. Ein Statement, das man auch bei Politikern – natürlich in schön verpackten Worten – findet. Umso erfreuter bin ich über den Wandel, welchen man in den letzten Wochen und insbesondere Tagen beobachten kann. Auch wenn es mir nach wie vor an tatsächlichen Fakten fehlt – und die muss es verstärkt geben, da die wenigsten sich auf speziell dafür vorgesehene Seiten weiter informieren – so wird verstärkt von ehrenamtlicher Arbeit seitens der Bevölkerung berichtet und zu mehr Toleranz aufgerufen. Es freut mich zu sehen, dass Bekannte, die häufig zu wenig Tiefgang neigen, auf Facebook den Aufruf zu mehr Solidarität und gegen Hetze im Internet von Anja Reschke (Tagesthemen) teilen oder österreichische Freunde, die Debatten in ihrem Land kritisch kommentieren.
Auch im Alltag ist die Flüchtlingsthematik angekommen. Immer mehr Menschen engagieren sich oder sprechen sich zumindest für einen freundlichen und menschengerechten Umgang mit Flüchtlingen aus. Dennoch bleibt viel zu tun. In meiner eigenen Heimatregion gibt es viele Flüchtlingsunterkünfte und oft reagieren Anwohner despektierlich und ängstlich. Manche berichten von jungen Flüchtlingen, die nachts auf der Straße Lärm machen und zahlreichen Feuerwehreinsätzen in den Unterkünften. Forderungen nach Anpassung an das Gastland und die Frage, warum sie denn nicht einfach arbeiten, schließlich wohnen sie ja auch hier, höre ich häufig. Dass aber Anpassung und Integration nur durch Kontakt mit der Bevölkerung möglich sind und Asylbewerber im Regelfall keine Arbeitserlaubnis erhalten, wissen leider die wenigsten. An dieser Stelle sollte vielmehr für den Informationsaustausch getan und Bürgern Berührungsängste genommen werden. Ich möchte auf keinen Fall Fremdenfeindlichkeit verharmlosen. Dennoch ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen das ablehnen, was sie nicht verstehen.
Umso beeindruckender, dass es Regionen und Städte gibt, in denen dies wesentlich besser zu funktionieren scheint. Siegen ist ein solches Beispiel: Die Universität hat mit der Einrichtung einer Notunterkunft ein deutliches Signal für mehr Solidarität gesetzt. Seit dem 19. Juli beherbergt die Universität Flüchtlinge. Aktuell sind, laut Angaben der Universität, 200 Menschen in der Notunterkunft untergebracht. Nicht alles scheint rund zu laufen. Die üblichen Fragen nach Kompetenzen und Verantwortlichkeit sind wohl ein flächendeckendes Problem in ganz Deutschland. Dennoch sollte man nicht unterschätzen, welchen Symbolgehalt, zusätzlich zu der reellen Hilfe, diese Aktion inne hat. Für eine bessere Integration setzt sich insbesondere die studentische Initiative „Refugees Welcome“ ein. Die Initiative hatte sich bereits vor der Bekanntgabe der Aufnahme von Flüchtlingen durch die Universität gegründet. Die Mitglieder der Initiative möchten den Menschen eine bessere Integration und Betreuung fernab des Alltags in der Flüchtlingsunterkunft ermöglichen. Dies geschieht durch gemeinsame Sporttreffen, Erkundungstouren zu Einkaufsmöglichkeiten und ähnlichem oder Spieltreffen für Kinder auf nahe gelegenen Spielplätzen. Eines der neuesten Projekte ist das Sammeln und die Ausgabe von Kleiderspenden in der so genannten „Kleiderkammer“. Diese befindet sich in Räumlichkeiten der Universität, also in unmittelbarer Nähe zu der Flüchtlingsunterkunft. Ein weiteres Ziel der Gruppe ist es über Missstände zu informieren und das Bewusstsein für diese Problematik zu stärken. Wichtig ist ihnen hierbei jedoch selbst aktiv mitzuwirken!
Ich hoffe sehr, die aktuellen Hilfsprojekte sind nicht nur ein Trend zur Beruhigung des eigenen Gewissens – zahlreiche Spendenaufrufe zu vergangenen Umweltkatastrophen kommen mir hier in den Sinn, von deren Langzeitfolgen jedoch nicht mehr berichtet wird. Sondern, dass sie vielmehr als Ausdruck eines Wandels in der Gesellschaft zu sehen sind – zugunsten von Mitgefühl und Menschlichkeit.
Du möchtest dich weiter informieren oder selbst aktiv werden? Unter http://refugees-welcome-siegen.de/ findest du alle Informationen über die Arbeit der Initiative und Möglichkeiten zu helfen.