von Johannes Herbst
Wer hat gesagt, dass 12 Monate ein Jahr ergeben und man nach dem zwölften Monat in der Zählung wieder beim ersten anfängt? Wer hat gesagt, dass ein Jahr 356 Tage hat? Und wer, dass der Tag 24 Stunden besitzt und diese wiederum jeweils aus 60 Minuten bestehen und eine dieser Minuten sechzig Sekunden dauere. Und wie lange dauert so eine Sekunde?
Wo genau soll die Unendlichkeit des Universums sein? Wenn es sich kontinuierlich ausdehnt, wohin dehnt es sich dann aus? Was war an dem Ort, wo sich nun das Universum ausgebreitet hat? Also wie auch gerade in diesem Augenblick.
Wie kann dieses Staubkorn namens Erde, innerhalb der Unendlichkeit überhaupt eine Rolle spielen? Gibt der Mensch sich eine Relevanz, die ihm nicht zusteht? Für was führt er Kriege, verdient Geld oder lässt sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen?
Wieso konnten es ein paar Menschen bis auf den Mond schaffen, aber niemand zum tiefsten Punkt des Meeres? Und wie kann überhaupt ein Teil des Meeres als Besitz zählen und warum kann man Land kaufen?
Wieso sitzen wir zusammen im Seminarraum und lauschen den Ausführungen des Dozenten, manche freiwilliger als andere, statt nackt auf der Suche nach Nahrung durch den Wald zu hetzen oder dem Trieb der Fortpflanzung nachzugehen?
Ist das meine eigene Stimme die ich in meinem Kopf höre, wenn ich denke? Ich bin mir da nicht sicher. Sie ist auf jeden Fall nicht fremd. Und wie genau kommen diese Sätze eigentlich in meinen Kopf? Ich meine, das ist ja nicht sprechen, aber ist das jetzt auch nicht direkt denken? Oder doch? Wie hört sich die „innere Stimme“ bei einem Gehörlosen an, oder denkt er ausschließlich in Zeichensprache und Bildern?
Überfresse ich mich beim chinesischen Buffet so, weil ich meine 12,50 € locker wieder reinfuttern will? Warum kann ich mir eine Doku über Massentierhaltung anschauen und mir trotzdem das gerade aufgetaute Straußenfleisch zusammen mit ein paar Bambussprossen, Erbsen, Zwiebeln und Pilzen auf den Teller legen? Und dann dem Koch, der hinter dem Dauergrinsen seine sprachlichen Unkenntnisse verbirgt, mit den Worten „Einmal Hoisin Sauce bitte“ über den Tresen reichen. Und wieso lerne ich nichts aus meinem fresskomatösen Zustand für das nächste Mal?
Wieso habe ich den Luxus mir diese Fragen zu stellen und muss nicht auf einem überfüllten Boot um mein Leben bangen mit der Frage, wie es meiner Familie in der Heimat geht? Warum frage ich mich nach dem Sinn des Lebens und muss nicht in einer verbarrikadierten Wohnung sitzen, das Trommeln der MG Salven aushalten und mich fragen, wann diese schweigen?
Vielleicht gibt es auf jede Frage eine Antwort. Aber ganz ehrlich, ich weiß sie nicht.