von Michael Fassel
An Land sehen sie behäbig aus, unter Wasser aber scheinen sie die Schwerkraft zu vergessen: Im Hippodom, eine nachgebildete afrikanische Flusslandschaft im Kölner Zoo, lassen sich Nilpferde durch eine Scheibe beim Schwimmen beobachten. Und wenn man Glück hat und zur richtigen Zeit dort ist, kann man die Tiere bei der Fütterung beobachten. Äpfel klatschen auf die Wasseroberfläche, bevor das Nilpferd sein rekordverdächtig großes Maul öffnet und sie verschlingt.
Direkt gegenüber quetschen sich kleine Kinder an der Scheibe die Nase platt, hinter der ein tonnenschweres Nilkrokodil mit erstaunlicher Geduld lauert. Mit langsamen Schritten verändert es seine Position und beweist, dass es nicht ausgestopft, sondern lebendig ist.
Es sind nicht nur solche nachgebildeten Landschaften, die dem Kölner Zoo jährlich fast Millionen Besuchern bescheren. Der zwei Hektar große Elefantenpark dürfte auch eines der Highlights sein, bei dem ich als Besucher die zwölf Tiere von Aussichtsplattformen besichtigen kann. Ich hätte den Elefanten stundenlang zuschauen können, vor allem den zwei Jungtieren, da sie ständig in Bewegung sind. Anders ist es erwartungsgemäß bei den Raubtieren, besonders nachdem sie mittags ihr bluttriefendes Fleisch bekommen haben. Löwen und Tiger jagen im Zoo nicht mehr selbst, sie bekommen ihr Fressen serviert, nervige Fellhaare sind bereits entfernt. Natürlich kann ich warten, dass der Tiger mal aufsteht, sich günstig für ein Foto positioniert, anstatt mit zuckenden Ohren im Schatten zu liegen. Bei den Löwen ist es das Gleiche. Die Informationstafel muss ich zwei Mal lesen: Löwen aus Asien? Ein Schreibfehler? In der Tat handelt es sich um eine asiatische Unterart der afrikanischen Raubkatze, deren Population laut Tafel knapp 300 Tiere umfasst.
Von den Raubtieren aus sind es nur wenige Meter in das große Regenwaldhaus, in dem exotische Vögel wie Kakadus oder Nashornvögel sowie Säugetiere wie das Baumkänguru zu bewundern sind. Doch es hat sich wie viele andere Tiere versteckt, um von den Zoobesuchern nicht gesehen zu werden. Heute mal keine Lust auf Gesellschaft. Neugierig auf die Menschen, die hinter der Scheibe ihr Smartphone heben, sind die Gorillas im angrenzenden Urwaldhaus. Hier herrscht nicht nur ein feuchtes Klima wie in den anderen Tropenanlagen, sondern auch der Geruch von frischem Gemüse wie Lauch und Kohlrabi. Kauend hockt ein Gorilla vor der Scheibe, wirft hin und wieder einen Blick in die versammelte Menschentraube. Wer beobachtet hier eigentlich wen?
Weitaus weniger Beachtung als Elefanten, Tiger und Menschenaffen finden die Vögel, sei es, weil die Papageien zu laut kreischen oder weil nach fünf Stunden Zoo die Konzentration nachlässt, um Informationstafeln über die Bronenackenfasantaube zu lesen. Hier ist bereits das Entziffern der Vogelart eine kleine Herausforderung. Sie zu finden, ist im Gewirr von Gras und dichten kleinen Bäumen in der Voliere ebenfalls eine mühsame Aufgabe. Zeit für eine Stärkung. Der Zoo hat nicht nur einige Eisstände, sondern auch Imbissbuden, wo sich die Besucher nicht nur mit Currywurst oder Pommes, sondern auch mit Chili con Carne stärken können. Danach warten bis zum Ausgang Giraffen oder etwa die Moschusochsen mit ihrem Nachwuchs auf die Besucher.
Nachdem ich also nach hunderten Eindrücken und einer Menge an Infos, die ich keinesfalls alle behalten habe, den Zoo verlasse, stehe ich wie viele andere Besucher vor der Wahl, mit der Eintrittskarte ins Aquarium zu gehen, das nicht nur Fische, sondern auch Reptilien und Insekten beherbergt. So eindrucksvoll manche Unterwasserlebewesen auch erscheinen mögen, so ermüden das gedimmte und flackernde Licht in den siebzig Aquarien schnell. Ideal sind hier die zahlreichen Bänke, auf denen ich mich ausruhen und klein Nemo beim Schwimmen zusehen kann.
Das Aquarium hat aber nicht nur exotische Fische aus dem Pazifik oder aus afrikanischen Seen zu bieten, sondern auch hiesige Unterwassertiere, die im Rhein leben. Diese bestechen jedoch nicht nur durch farbenfrohes Schillern, sondern durch ihre wuchtige Größe, die die Tiere sehr behäbig erscheinen lässt.
Exotischer wird es wieder im Reptilienhaus, wo Kobras, Frösche und Echsen ein geradezu bewegungsloses Dasein fristen. Doch auch hier sind scharfe Augen gefragt, denn bekanntlich neigen Echsen wie Chamäleons dazu, sich gut zu tarnen, das Gleiche gilt auch für giftgrüne Frösche, die sich auf tropische Palmenblättern hocken.
Ein Stockwerk weiter befinden sich nun zum Abschluss die Insekten, darunter auch tellergroße Vogelspinnen, auf deren Anblick ich gerne verzichte, während andere wiederum völlig fasziniert Fotos von ihr machen. Beim Wandelnden Blatt sind wieder gute Augen gefragt, da es geradezu ein Künstler im Tarnen ist. Verblüffend an diesem heuschreckenartigen Insekt ist, dass man für einen Moment tatsächlich daran zweifelt, ob es ein Tier oder eine Pflanze ist.
Nach so vielen Eindrücken in die Welt der Tiere ist es offensichtlich, dass der Zoo zu den fünf beliebtesten Zoos Deutschlands gehört. Ich würde den Zoo nicht nur aufgrund seiner Artenvielfalt empfehlen, sondern auch weil er erstaunlich wenig Gitter zur Abgrenzung der Tiere nutzt. Die meisten Anlagen sind durch Scheiben, Plattformen oder Gräben abgegrenzt, so dass insbesondere Fotoliebhaber keine lästigen Gitterstäbe im Bild haben. Für einen Zoobesuch empfehle ich einen ganzen Tag, denn der ermäßigte Preis von zwölf Euro beinhaltet sowohl die Hauptanlage als auch das Aquarium mit Reptilien- und Insektenhaus. Darüber hinaus ist der Zoo vom Kölner Hauptbahnhof innerhalb von fünf Minuten mit der U-Bahn, die im Fünf-Minuten-Takt verkehrt, schnell zu erreichen.