Rindfleischetikettierungsüberwachungs-aufgabenübertragungsgesetz

von Lisa Pilhofer

Am Samstag wollte ich auf Google nach Rindfleischrezepten suchen und bekam, nachdem ich gerade mal „rindfl“ eingetippt hatte, folgenden ersten Vorschlag von Google präsentiert: Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. Ein Wort. Einerseits stellte ich mir hier die Frage, warum Google ausgerechnet das als erstes vorschlägt und nicht, sagen wir mal, „Rindfleischsuppe“. Andererseits war das für mich wieder einmal ein Beispiel dafür, wie furchtbar und schön – oder wie furchtbar schön – die deutsche Sprache sein kann. Dieses Aneinanderreihen von Substantiven zu einem völlig neuen Wort. Ein Wort, das sogar Sinn ergibt. Ein Wort, das man auch auseinandernehmen kann und welches dann immer noch dieselbe Bedeutung hat. Das Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz ist nämlich ein Gesetz zur Übertragung der Aufgaben für die Überwachung der Etikettierung von Rindfleisch. Also genau die umgekehrte Reihenfolge der Substantive. Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz klingt aber viel schöner.

Auch Flora und Fauna bieten interessante Wortkonstruktionen im Deutschen. Nehmen wir zum Beispiel die Pappelblattstieldrehlaus (Pemphigus spyrothecae). Ein Baumschädling in Form einer Laus, der sich offensichtlich vorzugsweise auf den Stielen der Blätter von Pappeln niederlässt. Pappelblattstieldrehlaus eben. Wobei diese Laus offenbar der Art Spiralgallenlaus angehört und es keine Drehläuse an sich gibt.

Besonders gut hört sich auch die Buchsbaumblättrige Kreuzblume an. Also eine Blume, die zur Gattung der Kreuzblumen gehört und deren Blätter so aussehen wie die Blätter vom Buchsbaum. Im Übrigen eine sehr hübsche kleine Blume, zu finden in den Alpenregionen.

Oder das Dreizehenstreifenziesel. Ein Ziesel ist ein Erdhörnchen. Das Tierchen ist in Nordamerika heimisch.

Solche Wörter kann man sich auf der Zunge zergehen lassen. Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. Pappelblattstieldrehlaus. Buchsbaumblättrige Kreuzblume. Dreizehenstreifenziesel. Fast Zungenbrecher, je öfter man sie hintereinander wiederholt.

Auch Zahlen, wenn ausgeschrieben, ergeben ewig lange Wörter. Zum Beispiel: Zweimillionenfünfhundertsiebenunddreißigtausendneunhunderteinundzwanzig.

Es wird ja viel Schlechtes über die Deutsche Sprache gesagt. Sie wäre zu schwer zu lernen, die Satzkonstruktion wäre kompliziert und überhaupt sei sie, verglichen mit Französisch oder Italienisch, keine schönklingende Sprache. Sogar Mark Twain hat schon die „schreckliche Deutsche Sprache“ kritisiert (nachzulesen in „Bummel durch Europa“).

Dem kann ich nur widersprechen. Deutsch ist sicherlich nicht die schwierigste Sprache. Und diese Ketten von Substativen, mit ihren, ich würde fast behaupten unendlichen Möglichkeiten der Zusammensetzung, sind doch auch gerade in literarischer Hinsicht von Bedeutung: Wortschöpfungen ohne Ende!

Mein Lieblingswort ist übrigens Akkubohrschrauber. Ich weiß auch nicht warum. Es klingt einfach herrlich.