Fortsetzungsroman Kreuzfahrt

Kapitel 6

von Lisa Pilhofer

Maria öffnete die Tür einen kleinen Spalt und statt des seltsamen Ehepaars erblickte sie ihre roten Pumps, hochgehalten von ihrem vermeintlichen One-Night-Stand, der sie schüchtern angrinste. Verdutzt öffnete sie die Tür weiter und starrte abwechselnd auf ihre Schuhe und den grinsenden Pianisten. Zuerst freute sie sich, die schönen Pumps wiederzubekommen, und sie wollte schon die Arme ausstrecken, um sie entgegenzunehmen, einhergehend mit kurzen, aber freundlichen Worten des Dankes. Doch ein plötzlicher Gedanke verhinderte diese Geste: Woher hatte er jetzt ihre Zimmernummer? Kannte hier denn jeder ihre Zimmernummer? Ist in der letzten Nacht mehr passiert, als ein kleiner One-Night-Stand? War sie jetzt die Schiffs-Schlampe? Sie wurde wieder nervös und war kurz davor, die Tür sofort wieder zu verschließen. Ihr Schweigen verunsicherte den Pianisten und sein Grinsen erschlaffte. Weiterlesen

Das orange Quadrat

von Lisa Pilhofer

Es ist ein simples Spiel, das anfangs recht unspektakulär scheint. Es beginnt damit, dass Thomas alleine ist. Thomas ist ein rotes Rechteck in einer zweidimensionalen Welt. Aber Thomas ist nicht einfach nur ein rotes Rechteck, er ist eine künstliche Intelligenz in einem Computersystem, die durch einen Fehler ein Ich-Bewusstsein erlangt hat und jetzt die 2D-Welt erforscht und nach dem Sinn seines Daseins sucht. In jedem Level muss der abenteuerlustige und neugierige Thomas über Hindernisse springen, bis er zu dem Ausgang gelangt, der exakt auf seine Form zugeschnitten ist. Weiterlesen

Der Destroyed-Effekt

von Lisa Pilhofer

Im Allgemeinen bin ich kein besonders risikofreudiges Kind gewesen und meine Bereitschaft zu Unternehmungen, bei denen meine Kleidung arg in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, verringerte sich mit zunehmendem Alter. Dennoch kann ich mich erinnern, dass ich mich bis zur siebten Klasse – wo das Aussehen plötzlich von Bedeutung war – nicht wirklich darum gekümmert habe, was ich anziehe, ob mein ‚Outfit‘ zusammenpasst und welche Aktionen ich darin besser nicht ausführen sollte. Ich kroch durch Erde und Gras, blieb an Büschen hängen, stolperte, wurde im Spiel am Hemd gezogen, beim Malen tropfte Farbe auf die Kleidung, ich rannte, bis die Füße qualmten und hatte die Taschen voller Kleinigkeiten, die ich im Laufe des Tages eingesammelt hatte. All das hinterließ Spuren, an denen man mehr oder weniger nachvollziehen konnte, welche Abenteuer hinter mir lagen: Weiterlesen

Fortsetzungsroman Kreuzfahrt

Kapitel 6

von Lisa Pilhofer

Maria öffnete die Tür einen kleinen Spalt und statt des seltsamen Ehepaars erblickte sie ihre roten Pumps, hochgehalten von ihrem vermeintlichen One-Night-Stand, der sie schüchtern angrinste. Verdutzt öffnete sie die Tür weiter und starrte abwechselnd auf ihre Schuhe und den grinsenden Pianisten. Zuerst freute sie sich, die schönen Pumps wiederzubekommen, und sie wollte schon die Arme ausstrecken, um sie entgegenzunehmen, einhergehend mit kurzen, aber freundlichen Worten des Dankes. Doch ein plötzlicher Gedanke verhinderte diese Geste: Woher hatte er jetzt ihre Zimmernummer? Kannte hier denn jeder ihre Zimmernummer? Ist in der letzten Nacht mehr passiert, als ein kleiner One-Night-Stand? War sie jetzt die Schiffs-Schlampe? Sie wurde wieder nervös und war kurz davor, die Tür sofort wieder zu verschließen. Ihr Schweigen verunsicherte den Pianisten und sein Grinsen erschlaffte. Weiterlesen

Filme zu Weihnachten – Was die LiteraListen empfehlen und was sie nervt

von LiteraListen und Freunden

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Anna Sebastian bevorzugt den Klassiker „Der kleine Lord“ („Little Lord Fauntleroy“) und zwar jene Verfilmung von Jack Gold aus dem Jahr 1980 mit Alec Guinness. Ganz oben auf ihrer Liste stehen auch „Ist das Leben nicht schön?“ („It’s a Wonderful Life“, 1946) von Frank Capra sowie „Der Grinch“ („How The Grinch Stole Christmas”, 2000) von Ron Howard. In ihrem Weihnachtsrepertoire dürfen auch „Kevin allein zu Haus“ („Home Alone“, 1990) als auch „Kevin allein in New York“ („Home Alone 2: Lost in New York“, 1992), beide inszeniert von Chris Columbus. Weiterlesen

„Wohin geht ein Mensch, wenn er nicht weiß, wo er hingehen soll?“

von Lisa Pilhofer

Alles fängt damit an, dass sich zehn Männer vor dem Roten Rathaus in Berlin versammeln und in einen Hungerstreik treten. Ihre Hautfarbe ist schwarz und sie sprechen kein Deutsch. Sie kommen aus Libyen, aus Nigeria, aus Äthiopien, aus Ghana, sie sind alle aus ihren Heimatländern vertrieben worden oder geflüchtet; und sie alle wollen in Deutschland bleiben und dort arbeiten. Weiterlesen

Atemlos durch die Schrebergärten

von Lisa Pilhofer

Ich mache Urlaub in Berlin. Dort haben meine Großeltern einen sogenannten Schrebergarten, auch Kleingarten oder Laube genannt, der sich in einer Kleingartenkolonie befindet. In dieser Kolonie gibt es ein Vereinshaus und eine Kneipe. Das Vereinshaus bzw. der Besitzer der Kneipe organisieren manchmal Veranstaltungen: gemeinsames Fußballgucken, Sommerfest, Kinderfest, Grillabende usw. Außer beim Fußballgucken ist der ganze Spaß mit Musik untermalt. Manchmal aus der Büchse, manchmal mit „Sängern“, die live und in Farbe auf der kleinen Bühne performen. Weiterlesen

Gib mir Buch!

von Lisa Pilhofer

Diese Sätze hat bestimmt jeder irgendwann schon mal in verschiedener Form gehört:

„Isch geh Schule.“

„Lan, gibt mir Stift.“

„Bist du Bahnhof?“

‚Übersetzt‘ bedeuten das schlicht:

„Ich gehe zur Schule.“

„Ey, gib mir den Stift.“ und

„Bist du am Bahnhof?“

Was fällt auf? Die Präpositionen und Artikel wurden komplett weggelassen. Dieses Weglassen nennt die Soziolinguistin Diana Marossek in ihrem Buch Kommst du Bahnhof oder hast du Auto? „Kontraktionsvermeidung“. Die Berlinerin präsentiert hier die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit zum Phänomen der verkürzten Sprache auf unterhaltsame und für den Laien verständliche Weise. Dieses „Kurzdeutsch“, wie sie es bezeichnet, wird mittlerweile nicht nur von Jugendlichen mit vorwiegend türkischem bzw. arabischem Migrationshintergrund gesprochen, sondern hat langsam seinen Weg in die deutsche Umgangssprache gefunden. Um herauszufinden, warum das so ist, wie es dazu gekommen ist und wie es im Alltag gebraucht wird, hat sich die Autorin in mehreren Berliner Schulen als Referendarin ausgegeben und fleißig die Konversation innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers dokumentiert. Weiterlesen

Eine kleine Schatztruhe

von Lisa Pilhofer

Das Buch steckt in einem dunkelgrauen Schuber, auf dessen Vorderseite ein schwarzes, glänzendes S. abgebildet ist. Bevor man das Buch aus dem Schuber nehmen kann, muss man erst einen Aufkleber vorsichtig entfernen. Auf diesem Aufkleber ist ein winkender Affe, das S. auf einem Kompass und ein großes, altes Segelschiff – es vermittelt den Eindruck, als wäre dieses Buch kein Roman, sondern handle eher von Naturwissenschaften. Ein Bibliotheksaufkleber befindet sich auch auf dem Buchrücken, was verwunderlich ist, schließlich wurde dieses Buch in einer Buchhandlung erworben. Der Einband sieht aus, als wäre er aus gewebten Leinenfasern, er fühlt sich auch ein bisschen so an, ist aber tatsächlich nur aufgedruckt. Schlägt man das Buch auf, wird es noch kurioser: Die Seiten sind vergilbt und es ist von vorne bis hinten mit handgeschriebenen Nachrichten und Notizen in verschiedenen Farben vollgekritzelt! Weiterlesen