Café Del Sol

Ein Restaurant, das auf Urlaubsatmosphäre setzt. Meltem Catikkaya hat im Siegener „Café Del Sol“ gegessen – oder es zumindest versucht

Der vergessene Gastgeber – Das „Café Del Sol“ in Siegen

,,Ein romantischer Ort mit südländischem Flair und viel Urlaubsatmosphäre. Ein Kurzurlaubsziel, näher als der nächste Flughafen. Die Sonneninsel im Meer des Alltags. Für den täglichen Kurzurlaub vor der eigenen Tür.“ Wegen dieser Werbebroschüre des Café Del Sol entschied ich mich im Herbst 2011 dazu, meinen Geburtstag dort zu feiern. Als meine neun Geburtstagsgäste und ich um 19 Uhr ankamen, waren wir zunächst begeistert von der schönen rot-gelben Hotspot-Beleuchtung, die an einen Sonnenuntergang erinnert. Das Café Del Sol sorgt tatsächlich für ein Urlaubsambiente: Schon beim Betreten vermittelt es dem Gast eine Wohlfühlatmosphäre. Der abendliche Besuch wird im Mondlicht begleitet von zwei Fackeln auf Säulen, dadurch erinnert die Anlage an eine Strandbar.

Begibt man sich an den schönen Hollywoodschaukeln vorbei zum Foyer, kann man sich davon überzeugen, dass das Konzept Entspannung ebenso für den Innenraum gilt. Das Restaurant ist mediterran eingerichtet. Palmen verzieren die Ecken und die Musikanlage spielt Salsa-Musik, um dem Gast ein Gefühl von Strandurlaub zu geben. Aufgeteilt ist das Restaurant in drei Bereiche: den Innenraum, die überdachte Veranda im Außenbereich und den Biergarten, der nur im Sommer genutzt wird.
Der Innenraum des Restaurants ist wohlig warm. Die Außenanlage hingegen richtet sich nach dem Wetter: Es gibt zwar Heizstrahler, die etwas Wärme spenden können, doch sollte der Gast geschickt sein – er muss diese eigenhändig bedienen.
So gemütlich das Ambiente auch wirkte, die Begrüßung des Servicepersonals fiel eher verhalten aus. Da wir keinen Tisch zugewiesen bekamen, entschieden wir kurzerhand, selbst im Innenraum einen geeigneten Platz auszusuchen. Erst nach zwanzig Minuten kam dann eine Bedienung, um die Getränkebestellung aufzunehmen.
Etwas zu trinken bekamen wir dann wiederum zwanzig Minuten später –  zumindest teilweise. Wir mussten also lange warten, und obendrein wurden zwei Getränke vergessen. Dabei bestand die Bestellung einfach aus Wasser, Cola, Kaffee und Bier; komplizierte Cocktails waren gar nicht dabei.
Das Thema Urlaub und Reisen bestimmt das vielfältige Angebot der Speisekarte. Dieses reicht vom Frühstück à la carte über den Sonn- und Feiertagsbrunch bis hin zu Suppen, Salaten, Pasta, Steak und Pizzen. Eine Empfehlung des Hauses gab es jedoch selbst auf Anfrage nicht. Die Servicekraft verwies uns lediglich auf die Karte; man zeigte uns, wo wir welche Gerichte, Nachspeisen und Getränke finden konnten. Dass man die Karte vorgelesen bekommt, ist zwar schön, erleichtert die Auswahl allerdings nicht. Bestellt wurden schließlich Tomatensuppe (4,90 €), Caprese Pizza (8,40 €), Dallas BBQ Pizza (9,80 €), Schnitzel Champignon (11,90 €), Pepper Steak (14,20 €) und warmer Apfelkuchen (4,80 €).
50 Minuten nach der Bestellung wurden die Gerichte serviert – zwar nicht zusammen, aber immerhin nach und nach. Als dann alle außer mir ihr Essen vor sich hatten, erkundigte ich mich beim Servicepersonal nach meiner Pizza. Kurze Zeit später wurde mir mitgeteilt, dass man diese vergessen habe, man bitte um Entschuldigung. Die besagte Pizza wurde erneut bestellt. Nachdem nun alle anderen Gäste an meinem Tisch fertig gegessen hatten, erkundigte ich mich nochmals nach meiner Bestellung. Daraufhin schaute man in der Kasse nach und stellte fest, dass meine Bestellung noch immer nicht aufgegeben worden war. Zwar entschuldigte man sich erneut dafür, der Appetit allerdings war mir inzwischen vergangen. Ich entschied mich gegen einen dritten Bestellversuch und bat um die Rechnung.
Die Rechnung kam schneller als zuvor die Speisen. Es folgte eine erneute Entschuldigung wegen der vergessenen Pizza. Das Bemühen um eine Entschuldigung in allen Ehren, aber ernst gemeint kann es nicht gewesen sein: Die Kellnerin, bei der die Rechnung bezahlt werden sollte, fragte mich, bei wem ich bestellt hätte, um den Schuldigen zurechtweisen zu können. Als ich ihr erklärte, sie brauche nicht zu suchen, da sie selbst die Bestellung entgegengenommen habe, röteten sich ihre Wangen. Anschließend fragte sie, wann ich denn bestellt hätte – als wäre ich für die Aufklärung des Missgeschicks verantwortlich. Geschultes Personal weiß, dass man nicht mit dem Gast zu klären hat, warum ein Problem entstanden ist, sondern sich selbst darum kümmert, das Problem schnellstmöglich zu beheben. Da die Diskussion aus dem Ruder lief, entschieden sich meine Gäste und ich dazu, die Rechnung schnell zu bezahlen und das Lokal zu verlassen.
Während wir unsere Jacken anzogen, räumte das Personal die Teller ab. Niemand erkundigte sich, ob alles recht gewesen sei. Insofern verhielt sich das Personal wenigstens hier geschickt: Eine positive Resonanz war schließlich kaum zu erwarten. Meine Gäste, die ja hatten essen dürfen, teilten mir mit, dass es geschmacklich okay war, auch wenn die Zutaten nicht frisch, sondern Tiefkühlware gewesen seien.
Für ein kurzes Treffen, um mit Freunden einen Drink zu sich zu nehmen, eignet sich das Café also perfekt. Für einen anspruchsvolleren Anlass, ein größeres Dinner mit mehreren Gängen, sollte man vielleicht eine andere Lokalität wählen. Wer nun trotz allem das Café Del Sol aufsuchen möchte, möge sich nicht aufhalten lassen. Doch würde ich empfehlen, vorher reichlich zu essen. Gern hätte ich mich davon selbst überzeugt, wie gut die Pizza dort schmeckt – aber dafür muss man sie erst einmal bekommen.

Café Del Sol
Freudenberger Straße 61
57072 Siegen
täglich ab 9.00 Uhr

Diese Restaurantkritik entstand im Wintersemester 2011/12 im Kurs „Journalistisches Schreiben“