Von Lisa Maria Pilhofer

Advent, Advent,
ein Lichtlein brennt.
Doch dieses Jahr ist’s noch viel mehr
als bloß ein kleines Kerzenheer,
vor dem man normalerweise nicht wegrennt.

Die Gans war noch nicht im Ofen drin,
und außer Essen hatte der Opa nichts im Sinn.
Die Klöße brauchten auch noch etwas Zeit,
mit der Bescherung war es eh noch nicht soweit,
also legte sich der Opa hin.

Er machte sich im Bette breit
und zwecks Gemütlichkeit
steckte er sich eine Zigarette an,
griff sich die Zeitung vom Nachttisch
und genoss die Einsamkeit.

Hier würde ihn niemand stören,
hier konnte er nicht den Kinderlärm hören.
Hier textete ihn die Oma nicht zu,
hier hatte er vorm Papa Ruh’,
und die Mama schälte in der Küche Möhren.

Dem Papa knurrte schon der Bauch,
den Kindern später auch.
Um fünf Uhr wurde endlich der Tisch gedeckt,
die Soße noch schnell abgeschmeckt,
erst dann bemerkten sie den Rauch.

Wie versteinert saßen sie am Tisch zusammen.
War nicht der Opa ins Schlafzimmer gegangen?
Sie hatten ihn natürlich nicht vergessen,
sie wussten: er kommt immer erst zum Essen.
Dann ging die Türe auf – und der Opa stand in Flammen!

Holt Wasser her!
Ruft die Feuerwehr!
Die Oma griff nach ihrem Tee,
der Papa nach dem Chardonnay,
die Mama griff nach der Saucière.

Bewaffnet mit diesen Flüssigkeiten,
konnten die drei dem ein Ende bereiten.
Mit Tee, Soße und Wein übergossen
stand der Opa da und schaute verdrossen
wegen der verursachten Unannehmlichkeiten.

Der Teppich war nass,
am Boden lag Glas.
Das ist die letzte Flasche Wein gewesen!
Warum hat der Opa nicht einfach nur Zeitung gelesen?
Nur die Kinder hatten ihren Spaß.

Bis jetzt war das Weihnachtsfest immer ziemlich bieder,
allein schon wegen der dämlichen Weihnachtslieder.
Es war jedes Jahr dieselbe Prozedur,
vor allem das Essen um fünf Uhr.
So eine Abwechslung kommt bestimmt nicht wieder.

Ja, es war nicht mehr so besinnlich wie zuvor,
als der Opa noch nass aber feierlich schwor:
„Ich werde nie wieder eine rauchen!
So eine Panik können wir an Weihnachten nicht gebrauchen!“
Derweil sangen die Kinder vergnügt im Chor:

„Advent, Advent,
der Opa brennt.
Er ist mit seiner Zigarette
auf dem Bette
eingepennt!“