30.06.2014: Götze als Großereignis

von Laura Schönwies

„Ööössszzziiiel, Mülläääer, gegen Rodrigueszz!“

Nicht Lahm, Neuer und Co – meine WM-Helden sind neben dem Rasen zu finden. Nein, es ist auch nicht Jogi Löw, obwohl der auch ganz nett ist. Die tiefe, kräftige Stimme von ZDF-Kommentator Béla Réthy macht auch aus mir Fußball-Laien eine andächtige Zuhörerin. „Pressing, Druck nach vorne und Passspiel“ werden zu einem Donnergrollen, wenn Réthy seine Stimme erklingen lässt. Ein Nachname erschallt wie ein Paukenschlag. Ein „Götze“ wird zum Großereignis im Munde dieses Mannes. Es haut mich von den Socken, obwohl auf dem Spielfeld scheinbar nichts passiert. Man muss nur wissen, wie man etwas verkauft. Weiterlesen

Denker in Hosenträgern

von Laura Schönwies

Karriere oder Liebe? Vor dieser komplizierten Frage steht Goethes Held Clavigo aus dem gleichnamigen Trauerspiel, der seine Verlobte Marie zugunsten einer Karriere als Schriftsteller verlässt. Laura Schönwies über die Aufführung der „Neuen Studiobühne“ unter Regisseur Jan Seithe.

Ein schlichtes Bühnenbild lässt noch nicht erahnen, was für eine gewaltige Inszenierung die Neue Studiobühne der Uni Siegen  im Kleinen Theater  des Kulturhauses Lyz  auf die Beine gestellt hat. Lediglich ein einfacher Wohnraum ist zu sehen, darin nur ein altes Sofa, eine alte Kiste muss als Regal herhalten. Einige Stufen hinauf zu einem alten Holztisch, der Clavigos Arbeitszimmer andeutet. Die Stufen erweisen sich im Verlauf des Stückes als persönliche Karriereleiter des Möchtegern-Schriftstellers. So erkennt der Zuschauer sofort, auf welcher Stufe seines Lebens sich Clavigo gerade befindet. Die zwei Ebenen des Wohnraumes und des Arbeitszimmers deuten zudem an, dass gerade derjenige in einem Konflikt obenauf ist, der sich in der höheren Etage befindet. Das Bühnenbild verleiht dem Stück zusätzliche Interpretationstiefe.

Clavigo neu 2

 

 

 

 

 

 

 

Und noch eine Ebene fügt Regisseur Jan Seithe dem Sturm-und-Drang-Klassikers geschickt hinzu: Weiße Laken, die den Bühnenhintergrund markieren, werden zu Leinwänden, die den Bühnenraum spiegelbildlich weiterführten und die Bühne dadurch optisch noch weiter nach hinten erweitern. Besonders originell wird dieses Mittel eingesetzt, als Clavigos unglückliche Ex-Verlobte Marie, sich auf das Sofa begibt, jedoch von der Projektion anderer Figuren verdrängt wird.

Man muss sich etwas gedulden, bis das erste Wort fällt. Zunächst dominieren visuelle Eindrücke das Geschehen. Aber schon mit seinem ersten Auftritt kommt Clavigo mit einer beeindruckenden Präsenz daher. Sofort erkennt der Zuschauer ihn an den Hosenträgern, welche Programmhefte und Flyer zieren. Pascal Nevelz brilliert in der Rolle des Clavigo, der sich einfach nicht so recht entscheiden konnte, was er denn möchte. Als er als Neuling in der Stadt angekommen war, hatten ihn Marie und ihre Familie liebevoll aufgenommen. Doch bald genießt er erste Erfolge mit seiner Wochenzeitschrift „Der Denker“ –  und schon verabschiedet er sich von der Idee, sich an eine Familie zu binden.

An diesem Punkt setzt das Stück ein. Sein bester Freund Carlos unterstützt Clavigos Vorhaben, Frau und Familie hinter sich zu lassen, die nur „hinderlich“ seien. Marie zerfließt derweil vor Kummer. Da kommt Beaumarchais seiner leidgeprüften Schwester zur Hilfe:  Er zwingt Clavigo zu einer schriftlichen  Entschuldigung für das, was er Marie angetan hat. Er will das Schreiben vervielfältigen und veröffentlichen. Zähneknirschend gehorcht Clavigo. Marie lässt sich dadurch erweichen und schon bald steht der Versöhnung und einer Hochzeit scheinbar nichts mehr im Wege. Pascal Nevelz und Marie-Darstellerin Rosalie Bertele zeigen hier ein gefühlvolles Zusammenspiel. Langsam bewegen sie sich aufeinander zu. Es ist sogar zu erkennen, wie sich Maries Gesichtszüge langsam lockern.

Einem glücklichen Ende stünde nun nichts mehr im Wege, wenn da nicht wieder Zweifel in Clavigo aufkeimten, die sein Freund Carlos nur zu gern anstachelt. Hier präsentiert Pascal Nevelz ebenfalls ein beeindruckendes Mienenspiel: In seinen Augen blitzt  in einem Moment die pure Entschlossenheit auf, während im nächsten Moment sich schon wieder eine Falte des Zweifels auf seiner Stirn abzeichnet.

Jan Seithe adaptiert dieses Stück aus dem 18. Jahrhundert für die heutige Zeit, ohne dass es gekünstelt wirkt. Die Themen –  Liebe, Freundschaft und Macht  –  sind eben zeitlos. Für Schmunzler im Publikum sorgen die herrlichen Männergespräche, wenn Carlos  seinem verweichlichten Kumpel eClavigo neu 1ntgegenruft: „Ermanne dich!“ Oder Szenen, in denen  Marie und ihre Schwestern an der Männerwelt verzweifeln. Sophie kann das Leiden nicht mehr ertragen und so gibt ihrer Schwester den  vermeintlich klugen Rat „Marie, nimm ihn und sei glücklich“.  Auf Verwandte sollte man besser nicht hören: Am Ende stirbt Marie an gebrochenem Herzen. Clavigo überlebt – anders als bei Goethe  – in Jan Seithes Inszenierung, was die zufriedenen Zuschauer der Neuen Studiobühne ihm auch von Herzen gönnen.

Hauptdarsteller  Pascal Nevelz war zufrieden mit seiner Leistung: „Natürlich ist man immer selbstkritisch, aber ich denke, je häufiger man spielt, desto ruhiger wird man auf der Bühne. Ich denke, wir konnten die Dramatik angemessen zuspitzen und gleichzeitig einige Figuren etwas lustiger anlegen. Jede Figur ist immer wieder eine neue Herausforderung.“  Wer  sich dieser Herausforderung auch einmal stellen möchte, bekommt im kommenden Sommersemester wieder die Gelegenheit dazu, wenn Jan Seithe  nach neuen Darstellern sucht, unter anderem über die Facebook-Seite der Neuen Studiobühne.

Armer Katholik …

von Laura Schönwies

Die katholische Kirche hat immer wieder mit neuen Skandalen zu kämpfen. Von Kindesmissbrauch bis zur maßlosen Geldverschwendung ist alles dabei. Laura Schönwies setzt sich in diesem Kommentar kritisch mit der katholischen Kirche und dem gesellschaftlichen Umgang mit dieser auseinander.

„Missbrauch“,  „veraltet“, „Protzbischof“: Was bekommt man als Katholik nicht alles um die Ohren gehauen. Glaubt die Gesellschaft wirklich, dass man als junger Mensch keine einzige kirchliche Einrichtung mehr betreten kann, ohne unberührt wieder hinauszugehen? Keine Frage, Kindesmissbrauch ist unentschuldbar. Es sind jedoch einzelne Fälle, in denen sich Erwachsene selbstständig an unschuldigen Kindern vergangen haben. Die Kirche befähigt nicht im Geringsten dazu. Sie verkündet die Worte aus dem Markusevangelium: „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht“. Beim Missbrauch ist der Täter schuldig geworden. Die Kirche muss die kleinsten Mitglieder vor ihnen schützen.

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„New Conversation“ bieten Vielfalt ohne viele Worte

von Laura Schönwies

Eine Kritik zum Konzert im Musiksaal der Universität Siegen. Von Laura Schönwies.

New Conversation

Foto: Laura Schönwies

Erst seit wenigen Monaten gibt es sie, doch ihren Sound haben die Jungs um Sängerin Whitney Boateng schon längst gefunden: Robin Lindenberg (Klavier), Johannes Koch (E-Gitarre), Lukas von Fugler (Baritonsaxophon), Marco Hoffmann (Altsaxophon), Michael Gross (Tenorsaxophon), Matthias Schons (Tuba) sowie Peter Brandsch (Schlagzeug). Zusammen sind sie die neue Uni-Band „New Conversation“. Am vergangenen Donnerstag heizten sie mit einer Mischung aus Rock, Pop, Jazz, Blues, Soul und Funk den Musiksaal auf dem Haardter Berg so richtig auf. Das Publikum konnte zu Coverversionen von „Hit The Road Jack“ oder „Let’s Get Loud“ ordentlich mitgehen. Besonders glänzte dabei die Saxophon-Kombo Hoffmann, Gross und von Fugler. Whitney Boateng stimmte aber auch ruhige Töne an. Die eigens komponierte Ballade „Take Your Own Way“ wirkte durch ihre soulige Stimme besonders nachdenklich. Bei diesem Duett konnte zudem Gitarrist Johannes Koch dank seiner stimmlichen Vielfalt einen Kontrast bilden. Nach den eher rhythmusbetonten Teilen des Programms ließen sich die beiden Performer dazu entspannt auf Stühlen nieder.

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