Zwei Seiten eines Zauns. Fakten vs. Fiktion: John Boyne „Der Junge im gestreiften Pyjama“

von Wiebke Kühlbauch

Wenn wir mit dem Nationalsozialismus und den Schrecken des Holocausts konfrontiert werden, fragen wir uns oft: Wie konnte das nur passieren? Wie konnten so viele Menschen die Augen verschließen? Wussten sie denn nicht, was dort passiert?

Viele Autoren haben sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Beim „Vorleser“ sind wir empört aufgesprungen, bei der „Welle“ waren wir entsetzt und „Die Bücherdiebin“ hat uns zum Weinen gebracht.

Nun wagt sich der irische Autor John Boyne mit seiner Fabel „Der Junge im gestreiften Pyjama“ an dieses heikle Thema heran. Und auch er stellte sich vor dem Schreiben die Frage, wie möchte ich mich der Thematik nähern? „Durch die Augen eines Kindes, und zwar eines sehr naiven Kindes, das die schrecklichen Geschehnisse um es herum nicht versteht.“

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Mondlandung

von Sebastian Wilhelm

Am Anfang war es nur ein kleiner Schritt.
Raum und Zeit sind überwunden.
Meine Gedanken so hoch im Glück.
Sterne zeigen mir ihr Licht.
Trüber Mondschein scheint auf mich.
Rasend zogen sie an mir vorbei.
Ohne gänzlich zu verschwinden.
Nur die Vorstellung bleibt gleich.
Gedanken machen große Schritte.

Codierung des Akrostichons: ARMSTRONG

Das Credo der Assassinen

von Franziska Elsner

Das Credo der Assassinen
Die Dächer der imposanten Stadt liegen unter ihm. Adler umkreisen die Turmspitze, die er erklimmt. Elegant schwingt er sich von Vorsprung zu Vorsprung, bis er den höchsten Punkt erreicht und innehält. Sein Gesicht wird von einer weißen Kapuze überschattet. Eine Strähne seines dunklen Haars umspielt seine Wange. Kurz kann man einen Blick auf die Narbe an seiner Unterlippe erhaschen.
Er bekämpft die skrupellosen Verbrecher, überlistet die Stadtwachen und bleibt seiner Bruderschaft treu.
Er wacht über die Stadt.
Er scheut keinen Kampf.
Er folgt seinem Credo.
Er ist Assassine. Weiterlesen

Fortsetzungsroman, Seite 14b

von Johannes Herbst

Er wartet auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Hoteleingangs. An die unverputzte Hauswand gelehnt. Sein Blick haftet an der gläsernen Drehtür des Hotels. Die filterlose Zigarette wackelt nervös zwischen Mittel- und Zeigefinger, der Rauch quillt über die vergilbten Fingerspitzen. Schweiß. Schweiß an seinen Haarspitzen. Die klebrigen Enden der glatten, schwarzen Haare an die Stirn geklatscht. Über die hellbraune Backe konnte sich ein Tropfen den Weg bis ans Kinn bahnen, hängt dort kurz und stürzt auf den mickrigen, dunklen Fleck auf dem Boden. Schweiß gesammelt auf Asphalt. Fast verdampft. Hier wirft die Sonne noch keinen Schatten. Nur Schweiß. Die Ränder seiner Unterhose fühlbar nass. Die Waffe steckt gangstermäßig in seinem Hosenbund. Asche bröselt stoßweise nach unten. Weiterlesen

Fortsetzungsroman, Seite 14a

von Alex Mosig

Plötzlich überkam mich ein flaues Gefühl. Etwas stimmte nicht. Etwas fehlte. Das in die Menschen gesetzte Vertrauen war ein Fehler gewesen. Eine Dummheit. Mein Rucksack verschwunden. Komisch eigentlich, denn ich hatte doch nichts in ihm was von Wert gewesen wäre. Welcher Idiot klaute schon einen leeren Ranzen? Da überkam mich die Klarheit. Ich brauchte nicht mehr für die Reise, außer den Dingen, die ich am Körper trug. Meine Kleidung und meine Geldbörse. Dazu die Fahrkarte, ohne die man mich ohne Umschweife aus der Bahn schmeißen würde. Innerlich davon überzeugt, dass die Zukunft besseres für mich bereithalten würde als die Vergangenheit. Weiterlesen

Fortsetzungsroman, Seite 13b

von Natalie Meyer

Rebellisch entschied ich mich dazu, den sicheren Bereich des Flughafens zu verlassen und nicht weiter nach Kambodscha zu fliegen. Neuneinhalb Stunden waren sowieso eine viel zu lange Wartezeit für den überteuerten Preis des Fluges. Bangkok hatte sicherlich auch einiges zu bieten. Ein Drehbuch schreiben war vielleicht relativ einfach – man denke nur an Schnulzen-Schweiger – ein gutes Drehbuch zu schreiben erforderte hingegen einiges an Kreativität und Gehirnmasse. Ideen hatte ich viele, so unendlich viele. Bilder im Kopf, Gerüche in der Nase und verschiedene Geschmäcker auf der Zunge. Aber wie das alles zu einer einzigen, zusammenhängenden Story zusammenbringen?, schoss es mir durch den Kopf, während ich auf der Rückbank eines Taxis von dem Flughafen in die Innenstadt kutschiert wurde. Weiterlesen