Ein Betonbär als Beispiel – Über das Problem der Schönheit in Siegen

von Christian Schütte

bär

Als ich vor sieben Jahren zum ersten Mal die Stadt vom Bahnhof bis zur Oberstadt erkundete, fielen mir außer einem Fluss, den man hörte, aber nicht sah, weitere geschmackliche Fragwürdigkeiten auf. Dazu zählte eine unförmige Bärenskulptur aus Beton am unteren Ende der Kölner Straße – mit der zynisch anmutenden Inschrift: „Spandau dankt Siegen“.
Aus dem sich aufbäumenden Betontier schienen gleichermaßen Ungeschick, Verzweiflung und Zorn zu sprechen. Wie zu erfahren war, handelt es sich um ein Geschenk des Berliner Stadtteils: So durften Kinder aus der Frontstadt des Kalten Krieges zum Erholungsurlaub ins Siegerland reisen. Irgendwas muss dabei schiefgelaufen sein, weshalb die Spandauer seinerzeit das plumpe Geschöpf als subtile Rache sandten. Wurden die Jungberliner gegen ihren Willen verschickt? Hat man ihnen in Siegen ein Leid getan?

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Don’t cum on human rights! – Fight for your rights! Warum ich Femen verstehe.

Kathrin Wagner kommentiert Thomas Marbachs Text „Sexismus“

Sextremismus macht Angst. Vor allem dem männlichen Geschlecht.

Sextremismus macht Angst. Vor allem dem männlichen Geschlecht. Die Provokation der Femen durch Oben-Ohne-Aktionen kommt nicht bei jedem gut an. Warum? Der männliche Blick, der die Frau als Fragment wahrnimmt, wird durch die weibliche Nacktheit natürlich auf die Brust gelenkt – aber seine Skopophilie wird enttäuscht, denn statt zwei prallen, glänzenden, im Rhythmus des Ganges wippenden Brüsten wird er von politischen Aufforderungen abgelenkt und irritiert. Stichwort: Kastrationsangst!

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Wenn die Postmoderne zweimal klingelt oder: Für den Realismus!

von Sven Gringmuth

Ein Gastbeitrag für die LiteraListen zur Debatte um Enno Stahls Werk „Diskurspogo – Über Literatur und Gesellschaft“ (Berlin, 2013)

„Wenn Literatur nicht bei denen bleibt, die unten sind, kann sie gleich als Partyservice anfangen“ (Jörg Fauser).

Was soll Literatur, was soll sie nicht? Viele Antworten sind möglich, viele sind sicherlich richtig, aber eine gewichtige Funktion von Literatur war und ist das „einfache, wahre Abschreiben der Welt“, wie Rainald Goetz es einmal formulierte. Die widerspiegelnde (hier wird Christian Schütte aufschreien und mich als Marxisten entlarven – das ist okeh – nehmen wir trotzdem einen anderen Begriff …) darstellende Kraft, die Literatur besitzt, ermöglicht es uns, unsere Lebensbedingungen zu erforschen, zu vergleichen; sie kann Lernprozesse in Gang setzen, Erfahrungen vermitteln und uns dazu bewegen, Dinge verändern zu wollen.

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Literatur muss nichts, darf viel

von Christian Schütte

Kommentar zu Enno Stahls „Diskurspogo“-Vortrag

„Diskurspogo“ klingt nach spaßigem Tanzgeschubse, aber der Titel tarnt einen rigiden Zugriff auf das Erzählen, der vor allem Regeln und Verbote einführen will. Auffallend oft spricht der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Enno Stahl von einer „Legimitation“ der Literatur. Schreiben ist also etwas, wofür man erst einmal eine Erlaubnis einholen muss, etwas, das es zu rechtfertigen gilt. Eigentlich eine seltsame Haltung. Der strenge Stahl sagt uns nicht nur, wer überhaupt schreiben darf (Arztsöhne und -töchter zum Beispiel nicht), sondern auch wie und worüber. Die Thesen, die Enno Stahl vertritt, sind zwar falsch, aber immerhin auf anregende Art falsch: Sie helfen, sich daran zu erinnern, was richtig ist.

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Ich habe wohl eine Missionarsphobie. Und das ist auch gut so

von Kathrin Wagner

Ich bin nicht homosexuell, trotzdem bekomme ich bei Facebook missionarisch anmutende Nachrichten von homophoben Christen, die mir sagen wollen „Outing ist out“ oder „Homosexualität ist heilbar“. Irgendwie müssen sie ihre Ansichten ja unters Volk bringen. Ich kriege eine Gänsehaut und das Frühstück will sich einen Weg durch meinen Mund in die Freiheit bahnen.

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Rote Karte für Homophobie

von Jenny Brehm

Homosexualität und Fußball

Ich habe selbst Fußball gespielt, von der B-Jugend bis in den Herrenfußball. Dabei habe ich in der Kabine oder beim Training erlebt, wie homophobe Sprüche und Witze gerissen wurden. Aus Angst habe ich geschwiegen. Das ist gang und gäbe im Amateurbereich. Im Profifußball ist es nicht anders, wie Thomas Hitzlsperger sagt. Er ist der erste (prominente) offen schwule Berufsfußballer in Deutschland. Sein Outing ist ein mutiges Zeichen und wichtig. Allerdings hat er seine Karriere schon beendet.

Ich bin zwar nicht schwul, aber als Mensch, der als Mann geboren wurde, so gelebt hat und unglücklich damit gewesen ist und lieber als Frau leben möchte, weiß ich, wie schwer das ist, sich zu outen. Erst nachdem ich aufgehört hatte mit dem Fußballspielen, habe ich mich geoutet. Aus Angst vor den Reaktionen meiner Mitspieler. Die ehemaligen Mitspieler reden heute kein Wort mehr mit mir.

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Zusammenraufen statt Grabenkämpfe

von Jan-Hendrik Schulz

Was bringt die Veranstaltungsreihe „Campus im Dialog“?

Irgendetwas muss passieren. Schlangen vor der Mensa, kaum studentischer Wohnraum, zu wenig Plätze in Seminaren. In der neuen Veranstaltungsreihe „Campus im Dialog“ sollen sich die Studierenden mit der Universitätsleitung austauschen und dazu beitragen, die Probleme zu lösen, eine neue Form des Austauschs schaffen. Raus aus den Verwaltungstrakten, unter die Studierenden. Mit AStA-Mann Julian Hopmann diskutierten Philipp Schmidt von der Studienberatung, Studentenwerk-Geschäftsführer Detlef Rujanski, Rektor Holger Burckhart und Franz-Josef Klein, Prorektor für Studium und Lehre.

CampusDialog

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Armer Katholik …

von Laura Schönwies

Die katholische Kirche hat immer wieder mit neuen Skandalen zu kämpfen. Von Kindesmissbrauch bis zur maßlosen Geldverschwendung ist alles dabei. Laura Schönwies setzt sich in diesem Kommentar kritisch mit der katholischen Kirche und dem gesellschaftlichen Umgang mit dieser auseinander.

„Missbrauch“,  „veraltet“, „Protzbischof“: Was bekommt man als Katholik nicht alles um die Ohren gehauen. Glaubt die Gesellschaft wirklich, dass man als junger Mensch keine einzige kirchliche Einrichtung mehr betreten kann, ohne unberührt wieder hinauszugehen? Keine Frage, Kindesmissbrauch ist unentschuldbar. Es sind jedoch einzelne Fälle, in denen sich Erwachsene selbstständig an unschuldigen Kindern vergangen haben. Die Kirche befähigt nicht im Geringsten dazu. Sie verkündet die Worte aus dem Markusevangelium: „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht“. Beim Missbrauch ist der Täter schuldig geworden. Die Kirche muss die kleinsten Mitglieder vor ihnen schützen.

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„Komm’ Se rein, hier ist noch Platz“

von Gabriele Unruh

Zur  Studiensituation an der Uni Siegen

Die Universität Siegen zählt seit diesem Semester 18.551 Studierende. Eine Uni mit vielen Studierenden hat prinzipiell Vorteile: Es gibt ein breites Angebot von Kursen, der Campus erscheint urbaner und auch die Vielfalt unter den Studierenden wächst. Doch habe ich das Gefühl, dass zwar die Zahl der Immatrikulierten steigt, die Universität aber nicht mitwächst. Der Haupt-Komplex auf dem Haardter Berg wurde 1972 gebaut und ist für etwa 8.000 Studierende ausgelegt. Es wurde immer wieder erneuert, saniert und umgebaut und seit 1995 gehört auch das ehemalige Standortlazarett unter dem Namen Emmy-Noether-Campus zur Bildungsstätte. Aber an allen Ecken und Enden sticht es ins Auge: Die Universität hinkt hinterher. Zum Beispiel habe ich vorletztes Wochenende ein Seminar besucht, bei dem ich den gesamten Samstag auf der Treppe eines Hörsaals sitzen musste, weil es nicht ausreichend Sitzplätze für alle Teilnehmer gab. Dort hatte ich eine wunderbare Aussicht auf die Schuhe meiner Kommilitonen. Den Dozenten jedoch konnte ich kaum erkennen.

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Mit Begeisterung und ohne Gnade

von Jan-Hendrik Schulz

Kommentar zum Siegener Einparkphänomen und ein Versuch nachzuvollziehen, warum wir alle vor dem Rechner gesessen haben.

Es sind drei Faktoren, die das Internetphänomen um den Parkhauskönig von Siegen so groß gemacht haben: Die coole Lässigkeit des Protagonisten, Witz und Kreativität der Siegener Studierendenschaft, die das Foto und die Begleitumstände in vielfältigster Form aufgegriffen haben und – ja – auch die Häme darüber, dass jemand seine „verdiente Strafe“ bekommen hat.

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