Über und gegen das Vergessen schreiben – Rezension zu David Wagners „Der vergessliche Riese“

von Michael Fassel

„Das Wohnzimmer sieht aus, als wäre es geplündert worden: Wo der Fernseher an der Wand hing, ist ein helles Rechteck auf der weiß getünchten Klinkerwand […] (S. 155).“ Was hier der Beschreibung nach wie ein Raub anmutet, ist keine Szene aus einem Krimi, sondern ein Einblick in die Gefühlslage eines Sohnes, der am Vortag seinen dementen Vater in ein Seniorenheim gebracht hat. Wenn nahe Angehörige dement werden, ist das oft ein Anlass, darüber zu schreiben. So auch David Wagners neuestes Buch Der vergessliche Riese, in dem der erzählende Sohn über seinen Vater schreibt, der allmählich sein Gedächtnis und auch peu à peu seine Autonomie verliert. Doch so tragisch sich dies zunächst anhören mag, ist der autobiographisch gefärbte Text nicht, der bewusst auf eine Gattungsbezeichnung verzichtet. Weiterlesen

… und dann kam Tschick

von Wiebke Kühlbach

Wolfgang Herrndorfs neuer Roman „Tschick“ ist eine wilde Berg-und-Tal-Fahrt durch die ersten großen Fragen im Leben eines 14-Jährigen mit einer Ladung Ironie auf der Rückbank.

Zum Glück bin ich keine vierzehn mehr!“ – Das hat wohl jeder von uns mehr als nur einmal gedacht, wenn er mit pubertierenden, lauthals kichernden Teenagern in der Bahn saß oder womöglich noch eins von diesen Exemplaren zu Hause hat. Türen knallen, laute Musik und Probleme, die wir nicht verstehen. Aber dann kam „Tschick“. Und mit einem Mal sehnen wir uns nach dieser Zeit zurück, als der Pausenhof das Zentrum des Universums war und einem die Sommerferien wie eine Ewigkeit vorkamen.

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Zwei Seiten eines Zauns. Fakten vs. Fiktion: John Boyne „Der Junge im gestreiften Pyjama“

von Wiebke Kühlbauch

Wenn wir mit dem Nationalsozialismus und den Schrecken des Holocausts konfrontiert werden, fragen wir uns oft: Wie konnte das nur passieren? Wie konnten so viele Menschen die Augen verschließen? Wussten sie denn nicht, was dort passiert?

Viele Autoren haben sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Beim „Vorleser“ sind wir empört aufgesprungen, bei der „Welle“ waren wir entsetzt und „Die Bücherdiebin“ hat uns zum Weinen gebracht.

Nun wagt sich der irische Autor John Boyne mit seiner Fabel „Der Junge im gestreiften Pyjama“ an dieses heikle Thema heran. Und auch er stellte sich vor dem Schreiben die Frage, wie möchte ich mich der Thematik nähern? „Durch die Augen eines Kindes, und zwar eines sehr naiven Kindes, das die schrecklichen Geschehnisse um es herum nicht versteht.“

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Das Credo der Assassinen

von Franziska Elsner

Das Credo der Assassinen
Die Dächer der imposanten Stadt liegen unter ihm. Adler umkreisen die Turmspitze, die er erklimmt. Elegant schwingt er sich von Vorsprung zu Vorsprung, bis er den höchsten Punkt erreicht und innehält. Sein Gesicht wird von einer weißen Kapuze überschattet. Eine Strähne seines dunklen Haars umspielt seine Wange. Kurz kann man einen Blick auf die Narbe an seiner Unterlippe erhaschen.
Er bekämpft die skrupellosen Verbrecher, überlistet die Stadtwachen und bleibt seiner Bruderschaft treu.
Er wacht über die Stadt.
Er scheut keinen Kampf.
Er folgt seinem Credo.
Er ist Assassine. Weiterlesen

Portrait of an American Family. Oder: „Was tun, wenn der Vater ein Serienmörder ist?“

von Kathrin Wagner

NeverKnowing

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einige Wochen vor der Hochzeit mit ihrer großen Liebe Evan beschließt Sara ihre leiblichen Eltern ausfindig zu machen. Ein Privatdetektiv soll Licht ins Dunkle bringen, doch was er ihr zu sagen hat, übersteigt ihre Vorstellungskraft. Ihr Vater ist der berühmt-berüchtigte Campside-Killer und Sara das Ergebnis einer Vergewaltigung. Kein Wunder also, dass ihre leibliche Mutter nichts mit ihr zu tun haben will. Sara versucht das Ganze zu vergessen, jedoch unterschätzt sie die mediale Aufmerksamkeit, die einem Serienmörder entgegengebracht wird. Ein paar Tage später wird in Internetforen publiziert, wer sie ist. Und plötzlich klingelt das Telefon und eine Stimme sagt: „Sara, ich bin’s, dein Vater. Ich will dich kennenlernen.“

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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner

 von Kathrin Wagner

Odette, Clarice, Barbara Jean – das sind die Supremes. In ihrem Wohnort Plainview, Indiana, sind sie mindestens genauso bekannt wie die gleichnamige Band. Seit nun mehr 40 Jahren treffen sich die Freundinnen jeden Sonntag in Earl’s Diner und obwohl auf diesen Treffen nicht immer viel geredet wird, sind sie wichtig für ihre Freundschaft und geben Einblicke in ihr Leben.

Dieses Buch ist wie eine Wundertüte: Es gibt viele schöne und traurige Momente. Dabei ist Earl’s Diner die einzige Konstante im Leben der Drei, denn egal wie schlecht es ihnen geht, nie verpassen sie ihr wöchentliches Treffen. Alles fängt damit an, dass das Diner eines Tages ein neues Logo hat.

Cover Mrs Roosevelt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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