Die Geschichte der Judith von Bethulien oder auch einfach Judithbilder

Von Valentin Ramachandran

Judith stand an der Klippe und blickte auf das Meer hinaus. Blickte noch einmal auf jenen Ort, an dem ihre letzte Freundin Skylar, ihr das schwimmen beigebracht hatte. Ein Jahr war es nun schon her. Ein Jahr, seitdem die Person, die Judith jemals wirklich etwas bedeutet hatte verstorben war. Was der Abend des 12. Oktobers gewesen. Und während alle Menschen um sie herum langsam aber sicher wieder ins Leben zurückkehrten konnte Judith an nichts anderes denken. Ne beschissene Situation, in der sie sich da gerade befand. Kann man einfach nicht anders sagen.

(„- Yearsago in themist of Hallways and Slidingdoors.“)

Judith (Monolog): „- Hallo ich bin Judith. Ich bin 42 Jahre alt, meine Freundin ist gestorben und ich bin ein bisschen durch den Wind deshalb. Habe beschlossen die Stadt jetzt zu verlassen, um endlich wieder auf andere Gedanken zu kommen und idealerweise endlich damit abzuschließen. Hoffe das klappt auch, so wie ich es mir vorstelle. Wisst ihr? Ich hab da eine Freundin, die Viola, die nen Laden im Zentrum einer Stadt hat. Im Zentrum des netten Spanishtown. Naja und die hat sich neulich von ihrem Menschlein getrennt, wäre nicht das erste Mal, die beiden sind dauernd, wie man das so nennt On-und-Off. Tja und deshalb hat sie ein Zimmer frei. Ach, wo wir gerade von ihrem Menschlein reden, diese Person, wird euch wahrscheinlich irgendwie bekannt vorkommen, die Person, die arbeitet, nämlich dort beim Radio, hört mal rein:

Vee im Radio: „- Einen wunderschönen guten Abend. Ich bin Vee euer internationales Radiogesicht und damit herzlich Willkommen zu einer weiteren Ausgabe von „In the Heat of the Night“, dem Mitternachtsmagazin hier auf 91015-FM.“

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Der Spatz in der Hand

von Max Fendel

Als Markus S. vor zwei Jahren in die Berghütte seiner Firma eingezogen war, hatte er jeden Spiegel entfernt und jede auch nur minimal spiegelnde Oberfläche abgeklebt. Er rieb die silberne Teekanne mit feuchter Erde ein oder ließ auf den Herd gespritztes Fett eintrocknen, um auch jede mögliche Reflexion zu verhindern. Sein Smartphone und den Fernseher, welcher in der Hütte angeschlossen war, hatte er kurzerhand seinem Fahrer mitgegeben und ihm gesagt, er könne damit machen, was er wolle. Das Handy hatte keinen persönlichen Wert für ihn. Er hatte es noch nie wirklich benutzt, da sein eigentliches Telefon für die Ermittlungen beschlagnahmt worden war. Um jeden Kontakt mit der Außenwelt vermeiden zu können, vereinbarte S. mit dem Fahrer, dass seine Lebensmittelbox jeden Freitag um genau zwölf Uhr dreißig geliefert werden solle. Da die Hütte nur über einen alten Holzofen verfügte, würde er jeden Tag von zwölf bis dreizehn Uhr hinter der Hütte das für ihn bereitgestellte Holz in für die Ofenöffnung passende Stücke schlagen. Weiterlesen

Ninas Mäuse Episode 2 oder auch einfach Violas Monolog

von Mohini-Ann Ramachandran

„- Hallo Mami. Kannst du mich hören? Natürlich kannst du mich hören. Ich weiß du kannst mich hören.Aber kannst du auch sehen was bei mir so abgeht? Ich weiß noch genau damals…“

(Switch: Violas Mutter im Bad. Die Türabgeschlossen, man hört sie kotzen. – Nach circa zwanzig Minuten kommt sie heraus – wischt sich den Mund trocken. – Als sie nach einigen Stunden im Schlafzimmer sitzt und sich im Spiegel betrachtet – ihr Mann,Violas Vater…)

„- Bist du schon wieder schwanger?“ „- Violas Mutter, Laura genannt, antwortete nicht auf die Frage ihres Mannes, sondern stand einfach nur da, mit gesenktem Kopf.

„- Das Fünfte jetzt schon verdammt.“„- Brüllteer.

„- Kannst du mir mal sagen, wie ich die Blagen alle ernähren soll?“

„- Was macht das schon? Du weißt doch, das was Gott zusammen geführt hat soll der Mensch nicht trennen.“„– Erwiderte sie und dem Gebot Gottes, wurde widerspruchslos Folge geleistet.

„- Und dann war es da. Neun Monate später war es da. Nummer fünf. Lulu…“

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Misanthropen oder auch The Day Before You Came

von Mohini-Ann Ramachandran

Montagmorgen 4.00 Uhr: Kein besonderer Morgen, ein Morgen wie jeder andere auch. Louis machte ein Auge auf, sah auf den Wecker und spielte mit dem Gedanken ihn einfach klingeln zu lassen. So wie jeden Morgen. Mit einem Bein im und einem Bein aus dem Bett heraushängend, stand er widerwillig auf und schlunzte ins Badezimmer. So wie jeden Morgen.

Dort angekommen wurde erst einmal der Rotwein vom Vorabend in die Freiheit entlassen. Als er sich das Gesicht nach dem Waschen abtrocknete, sah er in den Spiegel und stellte fest, dass er mit seinen gerade mal 47 Jahren schon ziemlich viele graue Haare hatte und die Haut an seiner rechten Wange sich zu pellen begann. Der Anblick erinnerte ihn an ein Stück Backobst. Seine äußerst abstoßende von Pickeln besetzte Visage schien ihm eine Bestätigung dafür zu sein, dass er in diesem Leben wohl keine Frau mehr abbekommen würde, zumindest keine, die es ernst mit ihm meinte. Weiterlesen

Schnipsel

von Kristin Scheller

Gerda drückt die verzierte Holztüre auf. Die einzige im ganzen Haus, die nicht schlicht beige gestrichen ist, Pressspan zusammengehalten von bröckelnder Farbe, sondern massive Eiche mit sorgsam gepflegtem Lack. Sie quietscht unerträglich, denn Gerda kann sich nicht mehr tief genug bücken, um das untere Scharnier zu ölen. Doch für die alte Dame ist es das Geräusch von Heimat und Trost und vielleicht hat sie nicht immer nur vergessen, der Haushaltshilfe Bescheid zu sagen. Weiterlesen

Fortsetzungsroman Kreuzfahrt

von Christian Bocksch

Das Finale

Manuel war schon lange genug in seiner Branche tätig, um das Geräusch zu erkennen wenn eine Waffe entsichert wurde. Er hielt inne.

„Es tut mir wirklich leid, dass ich dieses junge Glück stören muss, aber wir sind geschäftlich hier“. Der Sprecher stand hinter seinem Rücken, aber da Marie erschrocken hin und her blickte, ging Manuel davon aus, dass zwei Personen da sein mussten. „Werner, darf ich bitten?“ Schwere Schritte nährten sich, Manuel ging seine Möglichkeiten durch, sollte er zu schlagen? Aber da drückte sich bereits die kalte Mündung einer Pistole in seinen Nacken. „Mach jetzt keine Fisimatenten, Bursche“. Er erkannte beide Stimmen, es waren der Rentner und dieser Jörg Wiedenkamp, aber wo war seine Frau? Manuel stand langsam auf, und wurde abgetastet. Seine Pistole hatte Manuel in seiner Kabine gelassen, eine Nachlässigkeit, für die er sich gerne geohrfeigt hätte. Trotzdem fand Werner etwas und hielt es belustigt hoch. Weiterlesen

Fortsetzungsroman Kreuzfahrt

Kapitel 7

von Christian Bocksch

Ein Abend unter Feinden

Paranoid blickte sie sich um, aber die Wiedenkamps waren immer noch damit beschäftigt ihr Essen verschwinden zu lassen. Was hatte das zu bedeuten? Wer war dieser junge Mann? Herr Wiedenkamp gab wieder einen Witz zu besten, den Marie schon nicht mehr hörte, aber sicherheitshalber mitlachte. Sie musste hier weg, diesen beiden glaubte sie mit jeder Minute weniger. Sollte sie sich auf Toilette entschuldigen? Dann würde Frau Wiedenkamp wahrscheinlich mitkommen. Soll sie vorgeben müde zu sein? Bloß nicht, dann kämen die beiden mit zu ihrer Kabine. Vielleicht wurde sie auch verrückt? Weiterlesen

Fortsetzungsroman Kreuzfahrt

Kapitel 6

von Lisa Pilhofer

Maria öffnete die Tür einen kleinen Spalt und statt des seltsamen Ehepaars erblickte sie ihre roten Pumps, hochgehalten von ihrem vermeintlichen One-Night-Stand, der sie schüchtern angrinste. Verdutzt öffnete sie die Tür weiter und starrte abwechselnd auf ihre Schuhe und den grinsenden Pianisten. Zuerst freute sie sich, die schönen Pumps wiederzubekommen, und sie wollte schon die Arme ausstrecken, um sie entgegenzunehmen, einhergehend mit kurzen, aber freundlichen Worten des Dankes. Doch ein plötzlicher Gedanke verhinderte diese Geste: Woher hatte er jetzt ihre Zimmernummer? Kannte hier denn jeder ihre Zimmernummer? Ist in der letzten Nacht mehr passiert, als ein kleiner One-Night-Stand? War sie jetzt die Schiffs-Schlampe? Sie wurde wieder nervös und war kurz davor, die Tür sofort wieder zu verschließen. Ihr Schweigen verunsicherte den Pianisten und sein Grinsen erschlaffte. Weiterlesen

Fortsetzungroman Kreuzfahrt

Kapitel 5

von Raphael Heumann

„You’re the real thing…“, murmelte Manuel Guitierrez seinem verschwitzten Spiegelbild zu. Er musterte kurz seinen aufgepumpten Körper und hievte die beiden gusseisernen Kurzhanteln wieder auf das Regal neben sich. Noch ein weiterer Blick auf die schwellende Bizepsader, ein weiterer Traubenzucker aus seiner Bauchtasche und es konnte weitergehen. „Even better than the real thing!“ In der Muskelstube seiner dominikanischen Heimatstadt hatten sie ihn zuerst wegen seines ungewöhnlichen Aufputschmittels aufgezogen. Nach ein paar Jahren jedoch hatte er alle überflügelt und seine Trainingskollegen eiferten ihm nach. Sie würden niemals seine Form erreichen, dachte Manuel und begann mit seinen Sit-Ups. Weiterlesen

Fortsetzungsroman Kreuzfahrt

Kapitel 4

von Johannes Herbst

Sie konnte nicht lange liegen bleiben. Ein leichtes Herzrasen überfiel sie immer wieder und auch ein ununterbrochener Schwindel zog ihr durch den Kopf, wenn sie ihre Augen schloss. Sie schwang die Decke zur Seite und setzte sich auf die Bettkante, wo sie erneut einen heftigen Anflug der inneren Disbalance auszuhalten versuchte. Ihr Körper schien unter Hochdruck zu arbeiten, während sich ihr Geist unter einem Schleier der Schlappheit versteckte. Sie stapfte ins Bad und konnte auf dem Weg die Doppelung ihres Sichtfelds wieder vereinfachen. Gegen das Waschbecken stützend beäugte sie sich im Spiegel. Sie war wohl unabgeschminkt ins Bett gestiegen. Das passierte ihr nur selten. Die rechte Hand nahm sie vom Waschbeckenrand, steckte sie sich in die Vorderseite ihres Tangas und rieb einmal kräftig. Dann hielt sie sich ihre Finger unter die Nase und nahm einen tiefen Zug. Sie roch ungevögelt. Weiterlesen