Liliom

von Natalie Meyer

Theaterkritik zu „Liliom“. Eine Inszenierung der Neuen Studiobühne.

Liliom

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein blauer Sternenhimmel und ein niedliches Karussell mit lustigen Pferdchen sind auf den Flyern der Neuen Studiobühne für ihr aktuelles Stück Liliom zu sehen. Bei diesem Anblick hat man unwillkürlich sofort den Geruch von gebrannten Mandeln, Zuckerwatte oder Bratwurst in der Nase. Der ein oder andere kann sich vielleicht sogar noch an sein Lieblingstier auf dem Fahrgeschäft erinnern – oder war es ein Auto, ein Hubschrauber?

Genau das war nach eigenen Angaben die Intention des ungarischen Dramatikers Ferenc Molná, aus dessen Feder das im Jahr 1909 uraufgeführte Stück stammt. Realistisch sollte es sein. „Mit den Gedanken eines armen Schaukelgesellen im Stadtwäldchen, mit seiner Phantasie und seiner Ungehobeltheit“, so Molná.

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Eindrücke zum „vielSeitig“ Festival

von Susann Vogel

Am vergangenen Wochenende fand das europäische Literaturfestival „vielSeitig“ in Siegen statt. Das Programm hielt dem Namen alle Ehre. Susann Vogel reflektiert die Lesungen „All you can read“ und „Lesung statt Vorlesung“.

 

„Eine wahnsinnig dynamische Veranstaltung“ verspricht der Moderator Tilman Strasser und kitzelt in verbalen Umdrehungen „das große, flauschige Tier – das Publikum“, um es zum Klatschen zu animieren.

Ich mische mich unters Fell dieses Wundertieres und habe teil am All You Can Read Buffet, das die Studentinnen Theresa Müller, Christina Sabel und Julia Ollertz im Rahmen des vielSeitig Literaturfestivals im Wohnzimmer am Samstag aufgebaut haben. Geladen sind fünf Studierende „aus aller Welt“ – im Gepäck „Texte ihres Heimatlandes“.

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„Ein Diener, zwei Herren und die Liebe“

von Laura Schönwies

„Es gibt so viele, die suchen einen Herren, und ich, ich habe zwei Herren.“ In was sich da der tollpatschige Diener Truffaldino hineinreitet … s über die Premiere des Theaterstücks „Diener zweier Herren“, aufgeführt von tollMut.

Wohin doch ein leerer Magen führen kann! Truffaldino hat zwar das Talent, Saltos aus dem Stand zu schlagen, doch von dieser brotlosen Kunst wird er nicht satt. Valerie Linke bescherte in der Rolle des tollpatschigen Künstlers, der für einen Teller Spaghetti jeden Job annehmen würde, dem Publikum am Musikpavillon im Schlosspark viele Lacher. Die studentisch organisierte Theatergruppe „tollMut“ feierte am Dienstag Premiere mit David Penndorfs Bühneninszenierung der Komödie „Diener zweier Herren“ frei nach Carlo Goldoni.

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Die Literatur von heute wird in fünfzig Jahren keiner mehr lesen

von Theresa Müller

Der Schriftsteller Enno Stahl besuchte die Universität Siegen und stellte seinen Essayband „Diskurspogo“ vor. Darin kritisiert er die gegenwärtige Literatur mit ihren einseitigen Charakteren und Themen, und das nicht gerade zurückhaltend.

diskurspogo

Wie sieht die gegenwärtige Literatur in Deutschland aus? Was ist aus den Schriftstellern, den Verlegern, ja dem ganzen Literaturbetrieb geworden? Die Anzahl der vermarkteten Bücher steigt, doch die der großen Werken, wie wir sie von Thomas Mann oder Lew Tolstoi kennen, bleibt aus. Können wir von einem Verfall der Literatur sprechen, durch Massenmedien bedingt, dank der sich jeder Mensch Gehör verschaffen kann? Oder fördert der Fortschritt der Medien das politische Denken, die Auseinandersetzung mit dem Gegenwärtigen, das zur Integration und einer aufgeklärten Gesellschaft führt?

Am Mittwoch, den 7. Mai, sprach Enno Stahl, Schriftsteller und Journalist, an der Universität Siegen über seinen Essayband Diskurspogo, der 2013 im Verbrecherverlag erschienen ist und eben diese Thematik auseinanderpflückt. Im Januar diesen Jahres flammte, zugunsten der Popularität seines Werkes, wie er anmerkt, eine Debatte zu  dem Artikel Lassen Sie mich durch, ich bin Arztsohn!,  des Journalisten Florian Kessler, in der Zeit auf: die gegenwärtige Literaturdebatte.

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„Hier ist Godot“ von Destination Anywhere

von Lisa Neumann

Worauf warten wir, wenn wir Godot ersehnen?

Die Liebe, das Leben und der Sinn von alledem wollen sich uns nicht so richtig erschließen. Da hilft es, wenn einer wie Daco, also ein Entertainer, daherkommt und ein Album herausbringt mit dem bescheidenen Titel „Hier ist Godot“. Das verspricht Antworten. Und es rockt.

Man hört also genau zu, hat tierisch Spaß dabei und dann ist die Scheibe zu Ende. Und dann wird noch pubertär gelabert. Und noch mehr. Und ins Mikro gerülpst.

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Vom Dienen und Kämpfen – Lee Daniels neuer Film „Der Butler“

von Anika Krüger

Das Leben von Sklaven. Das Leben eines Butlers. Lee Daniels verbindet diese beiden Elemente in seinem neuen Film „Der Butler“, der am 27.2.14 auf DVD erscheint. Anika Krüger hat ihn sich schon angeschaut. Ihr Fazit: Manche Themen werden etwas oberflächlich behandelt. Der Film gibt aber trotzdem einen Einblick in das Amerika Mitte des 20. Jahrhunderts.

Der Film „Der Butler“ erzählt die Geschichte von Cecil Gaines (Forest Whitaker), der von 1957-1986 im Weißen Haus seinen Dienst versieht. Als Vorlage für den Film diente die Lebensgeschichte des Afroamerikaners Eugene Allen, eines dort zwischen den 1950er und 1980er angestellten Mannes. 2008 wurde die Geschichte Allens von dem Journalisten Wil Haygood niedergeschrieben und unter dem Titel „A Butler Served Well By This Election“ in der Washington Post veröffentlicht.

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Pyramus und Thisbe – frei nach Andreas Gryphius

von Minou Wallesch

Letzte Woche brachte das Projekttehater der Uni Siegen „Pyramus und Thisbe“ auf die Bühne im Lyz. Minou Wallesch war da und hat sich für euch eine Aufführung angeschaut. Ihr Fazit: Gut gespielt, aber das Stück … Naja.

Das Projekttheater der Uni Siegen unter der Leitung von André Barz inszenierte in diesen Tagen das Theaterstück Pyramus und Thisbe. Angelehnt an die Barockkomödie von Andreas Gryphius Absurda Comica oder Herr Peter Squenz spielen Siegener Studierende ein Schauspiel in einem Schauspiel in einem Schauspiel. Die Darsteller sind schon auf der Bühne, als das Publikum Platz nimmt, es wird der Anfang einer Theaterprobe inszeniert. Wer bekommt welche Rolle? Wer kann was am besten spielen? Wie können die Charaktere dargestellt werden? Die Requisiten zur Erkennung sind schnell gefunden. Der Schmied bekommt ein Banner mit der Aufschrift „Orlando Bloom“ und der Löwe eines mit „Der König der …“ Doch diese Ideen werden abgelehnt, die Rollen noch einmal anders verteilt und dann leert sich die Bühne wieder.

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Portrait of an American Family. Oder: „Was tun, wenn der Vater ein Serienmörder ist?“

von Kathrin Wagner

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Einige Wochen vor der Hochzeit mit ihrer großen Liebe Evan beschließt Sara ihre leiblichen Eltern ausfindig zu machen. Ein Privatdetektiv soll Licht ins Dunkle bringen, doch was er ihr zu sagen hat, übersteigt ihre Vorstellungskraft. Ihr Vater ist der berühmt-berüchtigte Campside-Killer und Sara das Ergebnis einer Vergewaltigung. Kein Wunder also, dass ihre leibliche Mutter nichts mit ihr zu tun haben will. Sara versucht das Ganze zu vergessen, jedoch unterschätzt sie die mediale Aufmerksamkeit, die einem Serienmörder entgegengebracht wird. Ein paar Tage später wird in Internetforen publiziert, wer sie ist. Und plötzlich klingelt das Telefon und eine Stimme sagt: „Sara, ich bin’s, dein Vater. Ich will dich kennenlernen.“

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Denker in Hosenträgern

von Laura Schönwies

Karriere oder Liebe? Vor dieser komplizierten Frage steht Goethes Held Clavigo aus dem gleichnamigen Trauerspiel, der seine Verlobte Marie zugunsten einer Karriere als Schriftsteller verlässt. Laura Schönwies über die Aufführung der „Neuen Studiobühne“ unter Regisseur Jan Seithe.

Ein schlichtes Bühnenbild lässt noch nicht erahnen, was für eine gewaltige Inszenierung die Neue Studiobühne der Uni Siegen  im Kleinen Theater  des Kulturhauses Lyz  auf die Beine gestellt hat. Lediglich ein einfacher Wohnraum ist zu sehen, darin nur ein altes Sofa, eine alte Kiste muss als Regal herhalten. Einige Stufen hinauf zu einem alten Holztisch, der Clavigos Arbeitszimmer andeutet. Die Stufen erweisen sich im Verlauf des Stückes als persönliche Karriereleiter des Möchtegern-Schriftstellers. So erkennt der Zuschauer sofort, auf welcher Stufe seines Lebens sich Clavigo gerade befindet. Die zwei Ebenen des Wohnraumes und des Arbeitszimmers deuten zudem an, dass gerade derjenige in einem Konflikt obenauf ist, der sich in der höheren Etage befindet. Das Bühnenbild verleiht dem Stück zusätzliche Interpretationstiefe.

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Und noch eine Ebene fügt Regisseur Jan Seithe dem Sturm-und-Drang-Klassikers geschickt hinzu: Weiße Laken, die den Bühnenhintergrund markieren, werden zu Leinwänden, die den Bühnenraum spiegelbildlich weiterführten und die Bühne dadurch optisch noch weiter nach hinten erweitern. Besonders originell wird dieses Mittel eingesetzt, als Clavigos unglückliche Ex-Verlobte Marie, sich auf das Sofa begibt, jedoch von der Projektion anderer Figuren verdrängt wird.

Man muss sich etwas gedulden, bis das erste Wort fällt. Zunächst dominieren visuelle Eindrücke das Geschehen. Aber schon mit seinem ersten Auftritt kommt Clavigo mit einer beeindruckenden Präsenz daher. Sofort erkennt der Zuschauer ihn an den Hosenträgern, welche Programmhefte und Flyer zieren. Pascal Nevelz brilliert in der Rolle des Clavigo, der sich einfach nicht so recht entscheiden konnte, was er denn möchte. Als er als Neuling in der Stadt angekommen war, hatten ihn Marie und ihre Familie liebevoll aufgenommen. Doch bald genießt er erste Erfolge mit seiner Wochenzeitschrift „Der Denker“ –  und schon verabschiedet er sich von der Idee, sich an eine Familie zu binden.

An diesem Punkt setzt das Stück ein. Sein bester Freund Carlos unterstützt Clavigos Vorhaben, Frau und Familie hinter sich zu lassen, die nur „hinderlich“ seien. Marie zerfließt derweil vor Kummer. Da kommt Beaumarchais seiner leidgeprüften Schwester zur Hilfe:  Er zwingt Clavigo zu einer schriftlichen  Entschuldigung für das, was er Marie angetan hat. Er will das Schreiben vervielfältigen und veröffentlichen. Zähneknirschend gehorcht Clavigo. Marie lässt sich dadurch erweichen und schon bald steht der Versöhnung und einer Hochzeit scheinbar nichts mehr im Wege. Pascal Nevelz und Marie-Darstellerin Rosalie Bertele zeigen hier ein gefühlvolles Zusammenspiel. Langsam bewegen sie sich aufeinander zu. Es ist sogar zu erkennen, wie sich Maries Gesichtszüge langsam lockern.

Einem glücklichen Ende stünde nun nichts mehr im Wege, wenn da nicht wieder Zweifel in Clavigo aufkeimten, die sein Freund Carlos nur zu gern anstachelt. Hier präsentiert Pascal Nevelz ebenfalls ein beeindruckendes Mienenspiel: In seinen Augen blitzt  in einem Moment die pure Entschlossenheit auf, während im nächsten Moment sich schon wieder eine Falte des Zweifels auf seiner Stirn abzeichnet.

Jan Seithe adaptiert dieses Stück aus dem 18. Jahrhundert für die heutige Zeit, ohne dass es gekünstelt wirkt. Die Themen –  Liebe, Freundschaft und Macht  –  sind eben zeitlos. Für Schmunzler im Publikum sorgen die herrlichen Männergespräche, wenn Carlos  seinem verweichlichten Kumpel eClavigo neu 1ntgegenruft: „Ermanne dich!“ Oder Szenen, in denen  Marie und ihre Schwestern an der Männerwelt verzweifeln. Sophie kann das Leiden nicht mehr ertragen und so gibt ihrer Schwester den  vermeintlich klugen Rat „Marie, nimm ihn und sei glücklich“.  Auf Verwandte sollte man besser nicht hören: Am Ende stirbt Marie an gebrochenem Herzen. Clavigo überlebt – anders als bei Goethe  – in Jan Seithes Inszenierung, was die zufriedenen Zuschauer der Neuen Studiobühne ihm auch von Herzen gönnen.

Hauptdarsteller  Pascal Nevelz war zufrieden mit seiner Leistung: „Natürlich ist man immer selbstkritisch, aber ich denke, je häufiger man spielt, desto ruhiger wird man auf der Bühne. Ich denke, wir konnten die Dramatik angemessen zuspitzen und gleichzeitig einige Figuren etwas lustiger anlegen. Jede Figur ist immer wieder eine neue Herausforderung.“  Wer  sich dieser Herausforderung auch einmal stellen möchte, bekommt im kommenden Sommersemester wieder die Gelegenheit dazu, wenn Jan Seithe  nach neuen Darstellern sucht, unter anderem über die Facebook-Seite der Neuen Studiobühne.

Oberräuber trifft Rabauken auf Schloss Frankenstein

von Minou Wallesch

Der Asta lädt ein und alle kommen: Autor und Poetryslammer Patrick Salmen füllte im Audimax Bänke und Treppen, sorgte für ordentliche Lacher und rauchende Köpfe. Mit seinem Soloprogramm „Ich habe eine Axt“ begeisterte er am Dienstagabend rund 600 Studierende.

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Viertel vor acht an einem Dienstagabend. So voll ist das Audimax um diese Uhrzeit wohl nur ganz selten. Schon seit sieben Uhr füllen sich die Sitzreihen und der Asta sorgt mit lauter Musik und einem Sofa-Bühnenbild für die richtige Abendstimmung. Ein Theatergong, eine kurze Begrüßung vom Asta, dann tritt Patrick Salmen auf die Bühne: „Hallo ihr kleinen Räuber.“ Er freut sich über den „großen Haufen Menschen“ und findet es sehr vorbildlich von uns um acht Uhr noch freiwillig in der Uni zu sitzen. Auf der Fahrt hätte er sich wie auf dem Weg zum Schloss von Frankenstein gefühlt, so viel Wald … Damit hat er uns, rumkritteln an der Abgeschiedenheit der Uni geht immer. Außerdem verpackt Salmen seine Worte mit einer angenehmen und einnehmenden, leicht nuscheligen Stimme, die sehr nach Geschichtenleser am Kaminfeuer klingt. Immer begleitet von einer feinen Ironie.

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