„Hit the Road Jack“

von Johannes Herbst

Das Navigationsgerät gibt zwei mürrische Fiepser  von sich. Die 120 vorgeschriebenen Kilometer die Stunde wurden erneut von dem Opel Astra knapp überboten und der Fahrer durch das Geräusch zum Entschleunigen angehalten. Ich habe meine Augen nur einen Spaltbreit geöffnet und sehe die rote 123 auf dem Display aufleuchten. Ohne großen Bewegungsspielraum vergrabe ich meinen Kopf wieder in dem zusammengeknäulten Kapuzenpulli, der, gegen die Scheibe gestemmt, mir als Kopfkissen dient. Ich weiß, dass ich nicht schlafen kann, aber auf Reden habe ich auch keine Lust. Ich muss an die Werbung des Unternehmens blablacar denken, auf deren Internetportal ich auch meine jetzige Reisemöglichkeit günstig ergattern konnte. Weiterlesen

Ideen im Wachstum

von Laura Schönwies

Eng umschlungen, dicht an dicht. Die Spitze des einen, berührt den Kopf des anderen. Bauch an Bauch eingebettet in sich selbst. Ihre schlanken Körper winden sich umeinander. Weder Arm noch Bein sorgt für einen Abstand. Wo fangen sie an und wo hören sie auf? Wohin soll ein Finger greifen, der nur einen von ihnen herausnehmen möchte? Sie alle hängen zusammen. Nur eine gelbliche Flüssigkeit umhüllt sie – lässt ihre grüne Haut glänzen in einem Kosmos aus Glas. Ihre Welt endet an einem Deckel. Ihr reines Gefäß, luftverschlossen, lässt kein Staubkorn an sie heran. Es steht auf einem dunklen, staubigen Untergrund. Hier harren sie aus: Peperoni auf der Regentonne! Weiterlesen

Die Katze meiner Schwester und ich

von Andreas Hohmann

– Für meine Schwester und ihre Katze: Weil ihr nie aufhört, mich zum Lachen zu bringen.–

Immer wenn ich die Katze meiner Schwester ansehe und sie mich dann aus ihren unergründlichen und geheimnisvollen Augen zurück anstarrt, bin ich mir sicher: In ihnen liegt nichts Geringeres als die gesamte Weisheit des Universums verborgen. Und ich bin mir jedes Mal sicher, dass sie und ihresgleichen viel intelligenter sind als wir Menschen. Weiterlesen

STOP CETA!

von Marius Albers

STOP CETA Endlos viel ist schon in der TTIP-/CETA-Debatte gesagt und geschrieben worden, über Chlorhühnchen, geheime Verhandlungen mit demokratisch nicht legitimierten Wirtschaftslobbyisten, klagende Unternehmen vor privaten Schiedsgerichten, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und was der Dinge mehr sind. Statt hier jedoch große Worte zu schwingen und der richtigen der beiden Seiten des Für und Wider eine Stimme zu geben, möchte ich an dieser Stelle einen Diskursbeitrag besonders hervorheben, der einige Originalität besitzt. Weiterlesen

Ich mag -tage nicht

  • von Marius Albers

Gerade ist er vorbei, der Muttertag. Das bedeutet Entspannung im Mail-Postfach und auf den Straßen vor den Geschäften. Was verrät es über diesen Tag, wenn im Vorfeld per Mail zahlreiche Werbung ankommt? Wenn, ich nehme einfach ein beliebiges Beispiel, auf dem Plakat eines Schmuckherstellers vor einem Ring mit glänzendem Diamanten die einfache, beinahe rein konstative Äußerung „Am 8. Mai ist Muttertag“ prangt?

Wikipedia informiert, dass der Muttertag an der Wende zum 20. Jahrhundert in den USA geschaffen wurde, ursprünglich als Gedenktag und kirchliche Andacht für Mütter. Daraus wurde schließlich 1914 ein nationaler Feiertag in den USA. Die Etablierung des Muttertages in Deutschland geht auf eine Initiative des Verbands Deutscher Blumengeschäftsinhaber im Jahre 1923 zurück – also schon von Grund auf durchkommerzialisert. In der NS-Zeit freilich wurde der Tag aus ideologischen Gründe missbraucht, was aber nicht dazu führte, auf die glänzenden Gewinne an diesem Tag in der Folge zu verzichten. Weiter lernen wir aus dem Artikel, dass der Muttertag nicht gesetzlich verankert ist und Wirtschaftsverbände für das Datum verantwortlich sind: Fällt Pfingsten auf den zweiten Sonntag im Mai, dann kann der Muttertag um eine Woche verschoben werden, da an Pfingsten in einigen Bundesländern keine Läden öffnen dürfen. Da bleibt dann wohl nur noch der Weg zur Tankstelle …

Schön wäre es, den Tag zu Nutzen um ein wenig zur Ruhe zu kommen, doch der Geschenkstress setzt einem vorher schwer zu. An jeder Ecke wird auf die Notwendigkeit eines Präsents hingewiesen. Statt innezuhalten, um in unserer schnelllebigen Welt einmal kurz zu verschnaufen und sich wirklich um diejenigen zu kümmern, die man mit Geschenken abspeist. Die Kommerzialisierung macht vor -tagen nicht halt, und wir gehen fleißig mit. Muttertag, (der etwas unselige) Vatertag, Valentinstag, die Weihnachtstage – immer wieder ein Anlass, in den Laden zu stiefeln und Geld auszugeben.

Vielleicht braucht es gar nicht so viele -tage. Wäre es nicht schön, wenn man auch ohne ein festes Datum mal an seine Mutter denkt? Müssen wir heute noch an diesem Konstrukt festhalten, das der Handel geschaffen hat und das sicherlich keinem anderen Zweck dienen soll, als den Konsum anzukurbeln? Wie gesagt, ich mag -tage nicht.

Zwischen Bachelor- und Masterbürokratie

von Lisa Pilhofer

Ich gehöre zu den Leuten, die von dem Bachelor-Master-System nicht sonderlich begeistert sind. So wie ich das verstanden (und auch unter www.bachelor-studium.net nachgelesen) habe, dient die Umstellung von Diplom und Magister auf Bachelor/Master dem schnelleren Einstieg ins Berufsleben, der flexibleren Gestaltung des Studiums und vor allem der Vereinheitlichung des Abschlusses, der international anerkannt wird und einen besseren Austausch zwischen Universitäten möglich macht. Das heißt, man kann seinen Master auch an einer anderen Universität machen, man besitzt ja dieselben Voraussetzungen.
Soweit die Theorie. Weiterlesen

„Mysteriöses Wesen in Indonesien entdeckt – Dämon oder Missbildung?“

von Johannes Herbst

Eigentlich wollte ich – aufgrund eines kreativen Lochs – in dieser verspäteten Wortmeldung verschiedenste BILD-Überschriften sammeln und ohne Abstände aneinanderhängen. Das hätte dann ungefähr so ausgesehen:
ProfiGamerhabenÄrgerwegenPorno-SponsorE-Sport-LigasperrtYouPorn-TeamVater hacktVergewaltigerbeideArmeabJägertötetEinbrechermitKopfschussHatteJay-ZwasmitRitaOuraMysteriösesWeseninIndonesienentdeckt

Als ich merkte, dass die Idee doch nur halb so clever war wie ich dachte und auch die nicht-leserfreundliche Formatierung zur Attraktivität der Wortmeldung nicht gerade beiträgt, brach ich dann doch nach der vierten Schlagzeile ab und kurbelte nochmal neu. Die Bild.de-Homepage noch geöffnet. „Mysteriöses Wesen in Indonesien entdeckt“. Irgendwie hatte die letzte Überschrift ihren Zweck erfüllt und die rechte Maustaste wurde heruntergedrückt als der Pfeil auf dem Wort „Wesen“ lag. Was ich zu sehen bekam: Weiterlesen

Wenn Worte meine Sprache wären…

von Natalie Meyer

… meiner Meinung nach eine der wenigen ansprechenden Textzeilen des Popsternchens Tim Bendzko. Ich dachte eigentlich immer, dass Worte meine Sprache wären. Schließlich schreibe ich ständig – für die Uni, für die Literalisten, für Zeitungen und natürlich für mich selbst. Was es aber wirklich bedeutet, wenn Worte meine Sprache wären, das erfahre ich in diesen Tagen zum ersten Mal. Denn ich habe eine Kehlkopfentzündung. Zugegebenermaßen: Ich bin selbst dran schuld, habe bei einem Konzert am Freitag meine sowieso schon angeschlagene Stimme überfordert. Und es war leider geil.

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Spielstraße

von Marius Albers

Wer kennt es nicht, das Zeichen 325.1? Auf dem blauen Grund bringt der Vater dem Sohn die Grundlagen des Dribblings bei, und zwar mitten auf der Straße. Dahinter steht ein Auto und wartet vermutlich, dass der Ball ins Aus in Nachbars Garten fliegt. Klar, jeder kennt das Schild, laut Straßenverkehrsordnung zeigt es den Beginn eines verkehrsberuhigten Bereiches an, oder auch volksmündisch: eine Spielstraße, wie die nette Szenerie illustriert. Die Polizei informiert, was in einer solchen verkehrsberuhigten Zone für Regeln gelten, hier ein paar winzige Ausschnitte für alle Autofahrer, die in der Fahrschule einmal mehr gepennt haben: Weiterlesen