Ninas Mäuse Episode 2 oder auch einfach Violas Monolog

von Mohini-Ann Ramachandran

„- Hallo Mami. Kannst du mich hören? Natürlich kannst du mich hören. Ich weiß du kannst mich hören.Aber kannst du auch sehen was bei mir so abgeht? Ich weiß noch genau damals…“

(Switch: Violas Mutter im Bad. Die Türabgeschlossen, man hört sie kotzen. – Nach circa zwanzig Minuten kommt sie heraus – wischt sich den Mund trocken. – Als sie nach einigen Stunden im Schlafzimmer sitzt und sich im Spiegel betrachtet – ihr Mann,Violas Vater…)

„- Bist du schon wieder schwanger?“ „- Violas Mutter, Laura genannt, antwortete nicht auf die Frage ihres Mannes, sondern stand einfach nur da, mit gesenktem Kopf.

„- Das Fünfte jetzt schon verdammt.“„- Brüllteer.

„- Kannst du mir mal sagen, wie ich die Blagen alle ernähren soll?“

„- Was macht das schon? Du weißt doch, das was Gott zusammen geführt hat soll der Mensch nicht trennen.“„– Erwiderte sie und dem Gebot Gottes, wurde widerspruchslos Folge geleistet.

„- Und dann war es da. Neun Monate später war es da. Nummer fünf. Lulu…“

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Die Nacht der Eule

von Andreas Hohmann

„Ali, denkst du wirklich, dass das nötig ist? Ich halte nichts von dieser absurden Kaffeesatzleserei.“
Alandina warf ihrem Verlobten über die Schulter ein strahlendes Lächeln zu, während sie ihn mit sanfter Gewalt in das auffallend unauffällige Zelt etwas abseits des Jahrmarkts zog.
Ein Schild vor dem Eingang verhieß die mystischen Dienste einer Madame Ophelia, die Interessierten einen erhellenden Blick in die Zukunft zu gewähren versprach.
Lord Wilmarth seufzte. Ihre Verlobungsreise nach Port Empériale war mit einem rauschenden Volksfest zusammengefallen. Er hätte es allemal vorgezogen, mit der Yacht eine ruhige Stelle vor der Küste anzusteuern und dort Zeit mit seiner zukünftigen Frau zu verbringen. Weiterlesen

Menschenmüll

von Raphael Heumann

Sekündlich entsorgen abertausende Exemplare jener Spezies
die ein barockgelockter Schwede einst homo sapiens taufte
Plastik in Plastik
entgegen ihrer Nomenklatur
Auf Gedeih und Verderb sammeln die Menschenskinder grüne Punkte
auf knisternden Kunststoff gedruckt
garnieren auch das Asphaltlabyrinth ihrer Innenstädte mit solchen
als Ausgleich für Rodungen im annektierten Indioland
Der weise Carl von Linné wusste alle Untertanen des Menschen in Schubladen zu sortieren Weiterlesen

Sahnewolke & Kandiswürfel

von Jan Rottmann

Das Kristallgitter des Kandis löst sich unter einem leisen Knistern und ich frage mich warum man keinen anständigen Tee mehr bekommen kann, denn das Zitrusaroma vom Bergamottenöl lässt mir jedes mal einen Schauer über den Rücken jagen. Felix kommt ins Wohnzimmer, und dreht sich, als wolle er mir sein neues Sommerkleid präsentieren, um die eigene Achse. „Sahne habe ich nicht da aber Milch tuts doch auch, oder?“ Da ein „Nein“ die Tatsache nicht ändern würde, nehme ich den Karton schweigend entgegen. Weiterlesen

Freund aus Silber

von Michael Fassel

Ein geschmeidiges Gesicht, geformt von einem Bildhauer vor einigen hundert Jahren, verfeinert im klaren Licht der warmen Abendsonne. Eine liebenswerte Statue, inmitten einer Flut aus Silber. Sie wohnt in einem großen Schloss, wo sie die Steine sprechen und das Kellergewölbe singen hören kann. Gesänge aus einer fernen Vergangenheit, dumpf, aber freundlich. Silbernes Wasser fließt aus dem Hahn und benetzt seine Haut, seine Kleidung, alles. Weiterlesen

MetroPolen

von Alexander Ossia

Späte Nacht in einer zwielichtigen osteuropäischen Stadt. Es ist eiskalt. Dampf hüllt beim Sprechen unsere Köpfe ein und zieht uns hinterher, bevor er im Licht einer Straßenlampe verschwindet. Gelbe Linienbusse fahren mit beschlagenen Scheiben an uns vorbei. An der Bushaltestelle am Lazienki-Park steigt niemand ein oder aus. An der US-Botschaft hängt ein Schild, das einem das Fotografieren untersagt. Der Sicherheitsbeamte dampft auch beim Atmen und läuft hastig hin und her, knetet dabei seine in dickes Leder eingepackten Hände. Warschau an einem Samstagabend zwischen Weihnachten und Neujahr. Wir sind zu Fuß unterwegs in eine Diskothek.

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You can go through the rest of ‚ur life without ever knowing anybody

von Alex Mosig

Nun steh ich hier am Ende meiner Zeit. Für mich jetzt sogar das Zeitlose. Der Unendlichkeit. Reflektierend kann ich nun zurück blicken. Alles vor mir wird zur Nichtigkeit. Gefühle und Impressionen, die mich im Leben begleiteten, ja teils auch geleitet hatten nun, wie in einem Vakuum erstickt. Das Eintreffen des Unausweichlichen, was unterbewusst langsam zu einem klaren Gedanken heran wuchs, ich jedoch nicht zwingend eingesehen hatte, nicht mehr zu verhindern. Weiterlesen

Lyrische Konservendosen

von Laura Schönwies

Ich setze an
„Klick“
Beginne am Rädchen zu drehen
Es bohrt sich in den Grund
Wieder und immer wieder
Ein spitzer Rand
Ich hebe den Deckel ab
Schaue hinein
Schütte den Inhalt in den Topf
Ich fische einzelne Teile heraus
Einige sortiere ich an den Rand
Andere ordne ich einander zu
Schiebe sie an meine Lippen
In meinen Mund Weiterlesen

Vogelregen

von Michael Fassel

Leere Straßen, abgestellte Autos, offene Türen, zersprungene Fenster. Eine kühle Brise zupfte sachte an den Gardinen, die wie gespenstische Fahnen aus den Häusern wehten. Das waren die Bilder, die auf ihn einschlugen, als er mit einer heißen Zitrone auf der Bank saß. Er zog sich seine Mütze bis zu den Augenlidern. Sperlinge fielen geräuschvoll auf den Boden, Tauben klatschten auf den Asphalt wie Wasserballons. Wind bleichte die Denkmäler aus. Blut rann über die Schaufenster, sickerte in die Kellerschächte. Weiterlesen